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    Artikel des Monats
Februar 08 Teil I

    Interview mit Nancy Klimas

    Nancy Klimas                 (Foto © R.C.)

    Die Immunologin Dr. Nancy Klimas ist weltweit anerkannt für ihre umfangreiche Arbeit auf dem Gebiet ME/CFS/FM und Golfkriegssyndrom. Bei ihren Bemühungen, unser Wissen und unser Verständnis für diese Krankheiten zu erweitern, hat sie zahlreiche Titel erworben und Aufgaben übernommen:

    Professorin für Medizin, Psychologie, Mikrobiologie und Immunologie an der University of Miami’s Miller School of Medicine und dem Miami VA Medical Center; Direktorin der Miller School's EM Papper Laboratories für klinische Immunologie und das Forschungszentrum für ME/CFS und Golfkriegssyndrom an der Universität Miami; Präsidentin der International Association of CFS/ME (IACFS/ME);Gründungsmitglied des Journal of Chronic Fatigue Syndrome, Autorin von mehr als 120 peer reviewed Artikeln und drei Büchern und Mitglied des CFS Name Change Advisory Board.

    Eine Mischung aus Mitgefühl, Feminismus und intellektueller Neugier hat die Immunologin Nancy Klimas in die Welt der ME/CFS/FM-Forschung gebracht.

    Aus: http://www.immunesupport.com/library/showarticle.cfm/id/8653

     

    Live-Diskussion mit Nancy G. Klimas, MD – einer „Schlüsselfigur“ der internationalen ME/CFS/FM Forschung und Behandlung

    Das englische Original dieses Interviews finden Sie hier.

    Übersetzung und Reproduktion mit freundlicher Genehmigung von www.immunesupport.com 

    Text hier als pdf-Datei

    28. Januar 2008 Willkommen zur Live-Diskussion (vom 11. Januar 2008) mit Dr. Nancy Klimas, MD - einer renommierten Immunologin, die führend ist in der Erforschung und Behandlung von ME/CFS/FM/Golfkriegssyndrom, in der Aufklärung von Medizinern, Patienten und allgemeiner Öffentlichkeit sowie im Engagement für die Betroffenen. Dr. Klimas ist:

    n Präsidentin der International Association for CFS/ME (IACFS/ME) – einer globalen Organisation, die sich dem Austausch von Informationen über die Forschung zu CFS/ME und FM, zur Behandlung und Versorgung von Betroffenen widmet.
    n Professorin für Medizin/Psychologie, Mikrobiologie und Immunologie an der University of Miami (FL) School of Medicine;
    n Direktorin der EM Papper Laboratories of Clinical Immunology der Universität Miami und des VA Gulf War Illness & ME/CFS Research Center. 

    _________________________________________________ 

    Frage: Dr. Klimas, ich habe CFS, aber manche Leute wollen einfach nicht glauben, dass ich wirklich krank bin. Manchmal sehe ich ganz normal aus, aber mir geht es sehr schlecht. Wie kann ich sie davon überzeugen, dass dies tatsächlich so ist? Gibt es irgendeine Quelle im Internet mit Forschungsarbeiten, die wir ausdrucken können, um das Bewusstsein über die Schwere dieser lähmenden Erkrankung zu erhöhen? 

    Dr. Klimas: Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) haben sehr überzeugende Studien zu genau dieser Frage veröffentlicht. Sie haben belegt, dass die Patienten mit dieser Erkrankung einen Grad an Behinderung erleben, der genauso hoch ist wie der von Patienten im Endstadium von AIDS, von Patienten, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen oder Patienten mit Multipler Sklerose. Sie finden diese Informationen auf den Websites der CDC und der CFIDS Association of America. Hier ist ein Link zu einer Site speziell für Ärzte: http://www.cfids.org/sparkcfs/health-professionals.asp. Auf der ersten Seite des Toolkits für Ärzte wird Dr. William Reeves zitiert, der zu dieser Frage Stellung nimmt. [Das Toolkit finden Sie hier in deutscher Sprache, d.Ü.]

    * * * *

    Frage: Haben Sie den Eindruck, dass Chronic Fatigue Syndrom und Fibromyalgie ein und dasselbe sind? 

    Dr. Klimas: Nein, obwohl es da beträchtliche Überschneidungen gibt. Ich betrachte nicht mal das ME/CFS als einheitliche Krankheit – es gibt Untergruppen, und die Einteilung in Subgruppen wird der Schlüssel für eine effektive Therapie sein. Es sind bereits Biomarker in der Entwicklung, mit denen man FM und CFS auseinanderhalten sowie die Gruppen definieren kann, bei denen sich beides überschneidet - außerdem sind Studien im Gange, mit denen Biomarker entwickelt werden, um die verschiedenen Subgruppen des CFS zu unterscheiden. 

    * * * *

    Frage: Dr. Klimas, was halten Sie von Dr. Jonathan Kerrs Forschungsergebnissen zur Genexpression? [Siehe “Seven genomic subtypes of Chronic Fatigue Syndrome/Myalgic Encephalomyelitis”, veröffentlicht im Dezember 2007.] [Siehe auch Artikel des Monats Februar 08 Teil III, d.Ü.] 

    Dr. Klimas: Das sind sehr aufregende Ergebnisse! Seine Daten und die von Dr. Vernon könnten sowohl zu Biomarkern führen, als auch zu Behandlungsformen, die auf das jeweilige Individuum abgestellt sind. [Dr. Suzanne Vernon, PhD, wurde kürzlich zur Wissenschaftlichen Direktorin der CFIDS Association ernannt. Ein Forschungsteam, dass sie an ihrer früheren Arbeitsstelle bei den CDC geleitet hatte, konnte drei unterschiedliche genetische Variationen bei der Serotoninsynthese bei ME/CFS-Patienten ermitteln, die mit dem jeweiligen Ausmaß an Behinderung und Erschöpfung korrelieren [vgl. diesen Artikel]. 

    * * * *

    Frage: Was halten Sie von dem von Sakudo entwickelten diagnostischen Bluttest für CFS, bei dem sichtbare und Nah-Infrarot-Spektroskopie eingesetzt wird? Haben Sie irgendwelche Neuigkeiten darüber gehört, wie man damit vorwärts kommt? 

    Dr. Klimas: Dr. Sakudo, ein Forscher an der Universität von Osaka, hat auf der International Conference on ME/CFS Biomedical Research in Schottland im letzten Sommer, an der ich teilnahm, weitere Daten vorgestellt. Das sieht weiterhin gut aus. 

    * * * *

    Frage: Was denken Sie über die im vergangenen Herbst veröffentlichten Befunde von Dr. John Chia, der in Magenbiopsien Enteroviren gefunden hat? [Enteroviren sind definiert als „Viren, die in den Körper durch den Magen-Darm-Trakt eindringen und dort gedeihen und von dort aus oft weiterwandern und das Nervensystem angreifen.] 

    Dr. Klimas: Das ist sehr interessant, nicht wahr? Dr. John Gow von der Universität Glasgow hatte ein paar vorläufige Daten, die auf Enteroviren in Muskeln schließen ließen, aber die weitere Forschung ist nicht gut gelaufen. Und jetzt haben wird diese wichtige Studie über den Magen-Darm-Trakt! Das zeigt, wie wichtig es ist, sich alle Arten von Gewebe anzusehen. 

    Das Wichtigste, das man hier im Kopf behalten muss, ist, wenn das Immunsystem ein Virus ungeschoren lässt, dann lässt es vielleicht viele ungeschoren – und antivirale Mittel, die das HHV-6-Virus (Humanes Herpesvirus 6) und das EBV (Epstein-Barr-Virus) bekämpfen, wirken nicht gegen Enteroviren. Natürlich glaube ich als Immunologin, dass ein Medikament, das das Immunsystem anregt, sehr wichtig sein kann. 

    * * * *

    Frage: Dr. Klimas, wissen Sie mehr über die neueren Forschungsarbeiten von Dr. Gow? Vor ein paar Jahren schien das so vielversprechend, aber jetzt habe ich gar nichts mehr davon gehört. 

    Dr. Klimas: Als ich das letzte Mal mit Dr. Gow gesprochen habe, arbeitete er an einem Projekt zur Genomik, und er hatte einige ziemlich interessante Daten erhoben. Ich habe in puncto Enteroviren von ihm jetzt auch eine Weile nichts gehört. 

    * * * *

    Frage: Haben Sie den Verdacht, dass dies eine virale und/oder bakterielle Krankheit ist (oder Krankheiten sind), die bei den Patienten immer noch virulent ist, oder glauben Sie, dass dies eine hit and run-Attacke auf das Gehirn ist? („Hit and run - das Virus oder Bakterium schlägt zu, richtet Schaden an, ist dann aber verschwunden und nicht mehr nachweisbar, d.Ü.) 

    Dr. Klimas: Oh, ich glaube, es ist beides. Mit dieser Frage sind wir wieder bei den Untergruppen. Ich weiß, dass es Patienten gibt, bei denen reaktivierte Viren ganz aktuell aktiv sind (Sehen Sie sich die Arbeiten von Dr. Dan Peterson, Dr. Martin Lerner, und Dr. Jose Montoya zu HHV-6- und EBV- Infektionen an). Eine Reaktivierung von Enteroviren ist ein Grund zur Besorgnis (siehe Dr. Chias Studie zu diesem Problem. In deutscher Sprache siehe Meldung vom 17. September 2007 unter NEWS, d.Ü.). Das heißt nicht unbedingt, dass diese Erreger den Krankheitsprozess ausgelöst haben – aber es kann sein, dass sie ihn aufrechterhalten. 

    * * * *

    Frage: Ich bin krank, seitdem ich vor 10 Jahren eine Mononukleose hatte. Warum bin ich immer noch krank, während andere sich davon vollständig erholen? 

    Dr. Klimas: Eine kürzlich durchgeführte Prospektivstudie ergab, dass der einzige Faktor, der vorhersagt, wer nach einer viralen Infektion krank bleiben wird, die Schwere der ursprünglichen viralen Infektion ist. Diejenigen, die sich für die Interessen der Patienten einsetzen, waren froh, zur Kenntnis nehmen zu können, dass es keine psychiatrischen Faktoren gab, die eine langfristige Erkrankung vorhersagten. 

    Ich nehme an, dass die wichtigsten Faktoren eine Kombination aus genetischer Ausstattung, Immunfunktion zur Zeit der auslösenden Infektion und dem auslösenden Virus selbst sind. Das Virus, das die Mononukleose auslöst (das Epstein-Barr-Virus – EBV) ist für das Immunsystem eine besonders große Belastung. 

    * * * *

    Frage: Meine chronische Erschöpfungskrankheit begann mit einer infektiösen Mononukleose. Nach etwa einem Jahr entdeckte man bei mir einen sehr niedrigen Vitamin-D-Spiegel. Mein Arzt glaubt, dass dies eine Rolle dabei gespielt hat, dass mein Immunsystem das EBV nicht in Schach halten konnte. Gibt es dazu irgendwelche Artikel? 

    Dr. Klimas: Niedrige Vitamin-D-Werte findet man sehr häufig, selbst bei mir hier in Florida, wo immer die Sonne scheint - und Vitamin D ist sehr wichtig für ein gesundes Immunsystem. Aber ich weiß nicht, ob das der Anfang oder eine Folge der Krankheit ist. 

    * * * *

    Frage: Ist es möglich, dass man immer wieder neu auftretende EBV-Attacken hat? 

    Dr. Klimas: Es gibt Studien, die hohe Werte für Viren während eines Rückfalls und niedrige Werte in relativ guten Phasen zeigten - allerdings für das HHV-6-Virus. (Konnie Knox, PhD, von der Wisconsin Viral Research Group hat diese Studie durchgeführt.) 

    * * * *

    Frage: Die Drüsen unterhalb meiner Ohren sind oft druckempfindlich und schwellen manchmal so an, dass man es sehen kann. Was könnte die Ursache dafür sein? 

    Dr. Klimas: Es gibt da Lymphknoten und Ihre Ohrspeicheldrüsen sind auch da, die für die Speichelproduktion zuständig sind. Das Epstein-Barr-Virus hält sich äußerst gerne in diesen Ohrspeicheldrüsen auf… 

    * * * *

    Frage: Sind Sie optimistisch in Bezug auf Dr. Montoyas Arbeit mit dem antiviralen Medikament ValcyteTM [Gattungsname Valganciclovir] – d.h. seines Potentials, einer Untergruppe von ME/CFS-Patienten mit chronischer HHV-6- und EBV-Infektion zu helfen? Und wenn ja, würden Sie zustimmen, dass eine positive Korrelation in dieser Studie sehr viel zur Legitimation dieser Erkrankung beitragen würde? 

    Dr. Klimas: Die erste Forschungsarbeit, die zur Anerkennung irgendeines Medikaments durch die Food and Drug Administration (FDA – US-amerikanische Arzneimittelbehörde) führt, wird sehr viel zur Legitimation dieser Erkrankung beitragen - sehen Sie doch, wie das bei LyricaR und Fibromyalgie ist! [Lyrica war das erste verschreibungspflichtige Medikament, das durch die FDA genehmigt wurde.] Aber es wäre erfreulich, wenn die erste FDA-Genehmigung ein antivirales Mittel oder einen Immunmodulator betreffen würde. 

    * * * *

    Frage: Wann werden die Ergebnisse von Montoyas Phase-2-Studie mit Valganciclovir veröffentlicht werden? [Phase-1-Studie siehe Meldung vom 17. Januar 2007 unter NEWS, d.Ü.]

    Dr. Klimas: Ich hoffe, dass die Datenerhebung der Studie im Juni 2008 beendet sein wird - aber die Analyse und die Veröffentlichung dauern lange! 

    * * * *

    Frage: Welche Behandlungsansätze verfolgen Sie zur Zeit oder welche betrachten Sie in der nahen Zukunft als möglicherweise hilfreich? Und wie schnell wird das gehen? 

    Dr. Klimas:
    1. Ich hoffe immer noch, dass die Firma, die IsoprinosineR herstellt, also Newport Pharmaceuticals, mit der Phase-3-Studie weitermachen wird. [Die Ergebnisse der Phase-2-Studie in Kanada wurden in einem Artikel von 2003 zusammengefasst: “Clinical Improvement in Chronic Fatigue Syndrome is Associated with Enhanced Natural Killer Cell-Mediated Cytotoxicity”.] 

    2. AmpligenR liegt zur Zeit der FDA zur Genehmigung vor. [Man nimmt an, dass Ampligen die Heraufregulierung der RNase-L-Reaktion des Immunsystems auf virale Infektionen unterstützt.] 

    3. Wenn man die ME/CFS-Patienten in Untergruppen aufteilt, könnte man diejenigen mit erhöhten Werten des Zytokins TNF-a einer Behandlung mit TNF-Inhibitoren oder Blockern zuführen. [TNF – Tumornekrosefaktor – fördert die Entzündungsreaktion. Jonathan Kerr, MD, PhD, Leiter einer großen Studie in Großbritannien zur Genexpression bei ME/CFS-Patienten und zur viralen Genexpression, kündigte auf der IACFS/ME-Konferenz von 2007 an, dass er an einer Studie zum Einsatz des TNF-a-Inhibitors Etanercept (EnbrelR) bei einer ausgewählten Gruppe von CFS-Patienten arbeitet.] 

    * * * *

    Frage: Gibt es irgendeinen Test, den Sie als vielversprechend für die Diagnose des ME/CFS erachten? 

    Dr. Klimas: Ja – das Sportphysiologie-Team vom University of the Pacific Fatigue Lab stellte bei der IACFS/ME-Konferenz seine Daten vor, nach denen die Leistungsfähigkeit am Folgetag nach einem Belastungstest abfällt. Das ist ein großartiges Modell, und wir werden es uns zunutze machen! 

    * * * *

    Frage: Welchen Eindruck haben Sie von dem Mittel LyricaR zur Behandlung von Fibromyalgie? Oder anderen Medikamenten, die Sie empfehlen? 

    Dr. Klimas: Ich finde Lyrica oder auch Gabapentin – was sehr viel preiswerter ist – für die Behandlung von Schmerzen gut, und das kann dann zu verbessertem Schlaf führen. [Gabapentin – Handelsname Neurontin – hat keinen Patentschutz mehr, so dass es als Generikum erhältlich ist.] Ich fange immer damit an, den Schlaf zu verbessern, denn ein erholsamer Schlaf ist der Schlüssel für jeglichen Fortschritt. In einer gerade laufenden Fibromyalgiestudie wird das Mittel Xyrem eingesetzt, dass die Schlafphase 4 einleitet. Ich halte das für sehr vielversprechend. 

    * * * *

    Frage: Was denken Sie über zu niedrige Spiegel des Wachstumshormons bei CFS? 

    Dr. Klimas: Das ist eine wichtige Beobachtung, obwohl diese niedrigen Wachstumshormonspiegel die Folge einer schlechten Qualität des Phase-4-Schlafes sein könnten. Ich würde keine Behandlung mit dem Wachstumshormon in Betracht ziehen, bevor die Schlafqualität nicht behandelt wurde, es sei denn, dass das Wachstumshormon so niedrig ist, dass die Kriterien für einen Mangel an Wachstumshormon bei Erwachsenen (AGHD) erfüllt sind. 

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    Frage: Dr. Klimas, können Sie uns Ihr bestes Schlafmittel nennen? 

    Dr. Klimas: Wunderpillen … alle Leute wollen eine Wunderpille. So einfach ist das leider nicht. Aber der Schlaf kann durch viele Schlafmittel verschlechtert werden – insbesondere mit Valium-ähnlichen Medikamente wie RestorilR (Gattungsname Temazepam). Einige der neueren Medikamente besetzen die gleichen Rezeptoren, wie z.B. LunestaR

    Ich denke, wenn Sie morgens aufwachen und sind erschöpft, dann brauchen Sie eine Untersuchung in einem Schlaflabor - um erst einmal Erkrankungen wie Schlafapnoe auszuschließen, aber auch, um den Bedarf an Schlaf der Phasen 3 und 4 festzustellen. Dann gibt es Behandlungsmöglichkeiten, mit denen man diese Probleme angehen kann. 

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    Frage: Warum schwankt meine Erschöpfung so? Sie hat nichts mit meinem Schlaf zu tun. Ich schlafe jede Nacht sehr gut. 

    Dr. Klimas: Es liegt in der Natur dieser Erkrankung, gute und schlechte Tage zu haben, und das hat nicht immer etwas mit der Schlafqualität zu tun. In unserem Forschungszentrum haben wir eine Studie laufen, die wir die "Good Day/Bad Day” Studie nennen. Mit ihr versuchen wir den Grund dafür herauszufinden. 

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    Frage: Ich träume jede Nacht, und wenn ich aufwache, bin ich schrecklich müde. Kriege ich genügend guten Schlaf? 

    Dr. Klimas: Veranlassen Sie Ihren Arzt, Sie zu einem Experten für Schlafmedizin zu überweisen – ich empfehle oft einen Neurologen, weil sie nach zentralnervösen Ursachen (also im Gehirn) für die Schlafprobleme suchen. Wobei es entscheidend ist, einen Arzt zu haben, der einen auch behandeln kann und der nicht nur Diagnosen stellt. 

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    Frage: Welchen Behandlungsansatz verfolgen Sie bei Ihren Patienten, die an sensorischer Überflutung leiden? [Einer Dysfunktion in der Verarbeitung sensorischer Eindrücke - „Überempfindlichkeit.] Ich setze Medikamente gegen meine Fibromyalgieschmerzen und Nahrungsergänzungsmittel ein und Ruhe und Bewegung gegen die Erschöpfung durch das CFS. Ich versuche, Situationen zu meiden, die Symptome der Multiplen Chemikaliensensibilität auslösen können und ich versuche, wegen meines Hypermobilitätssyndroms mir meines Körpers bewusst zu sein.  Aber sensorische Überflutung hat den zerstörerischsten Einfluss auf mein Leben, und ich kann das Anschwellen von Schmerzen, Übelkeit, Migräne, Benommenheit usw. nicht in den Griff bekommen. Ich habe zum Thema sensorische Überlastung in der Literatur nur sehr wenig gefunden, und meine Ärzte haben keine Ahnung davon. Deshalb wäre ich Ihnen sehr dankbar für Ihre Meinung dazu, Dr. Klimas. 

    Dr. Klimas: Eine sehr gute Frage! Es tut mir leid, wenn ich Ihnen hierzu nicht viel sagen kann. Wir haben keine Studien zu diesem Problem, obwohl es ein paar in der Literatur zur Multiplen Chemikaliensensibilität gibt. Ich glaube, Dr. Iris Bell, die in dem Programm für integrative Medizin an der Universität Arizona arbeitet, hat ein paar Veröffentlichungen zu dieser Frage

    Ich frage mich auch, ob die Patienten, die an diesem Problem leiden, diejenigen mit den ausgeprägtesten neuroinflammatorischen Erscheinungen sind… was eine geringgradige Infektion oder einen autoimmunen Prozess vermuten lässt. Mit PET-Studien könnten wir diese Frage vielleicht beantworten. 

    * * * *

    Frage: Im Jahr 1997 haben Sie zusammen mit Dr. Daniel Peterson und anderen ein Buch mit dem Titel Disability and Chronic Fatigue Syndrome: Clinical, Legal and Patient Perspectives herausgegeben. (Es enthielt lange Abschnitte über Fragen der langfristigen Behinderung bei CFS und Rentenansprüche.) Gibt es Pläne für eine überarbeitete Neuauflage oder ein neues Buch? 

    Dr. Klimas: Zur Zeit nicht. Ich habe das Buch nach einer hervorragenden Sitzung beim IACFS/ME-Treffen zu diesem Thema überarbeitet. Ich werde diese Möglichkeit mit den Organisatoren dieser Treffen besprechen. Vielleicht können wir es im nächsten Jahr auf die Tagesordnung nehmen. 

    * * * *

    Frage: In dem Buch ist zu lesen: “Die CDC haben anerkannt, dass sich die große Mehrheit der Patienten in den ersten beiden Jahren nach Erkrankungsbeginn wieder erholt und dass eine Erholung nach fünf Jahren der Erkrankung unwahrscheinlich ist.“ Denken Sie immer noch, dass das stimmt? 

    Dr. Klimas: Nein. Die Daten stützen das nicht, und in dem Maße, wie neue Behandlungsansätze ins Spiel kommen, sollten Patienten mit einer langen Erkrankungsdauer größere Hoffungen auf eine Besserung oder Erholung haben. 

    * * * *

    Frage: Sollten CFS-Patienten versuchen, ihre Immunantwort anzutreiben oder abzuschwächen? 

    Dr. Klimas: Das ist eine schwierige Frage – man will zwar eine bessere antivirale Funktion, aber auch weniger Entzündung und Immunaktivierung. Das ist nicht einfach, und bei Therapien, die auf das Immunsystem abzielen, muss man vorsichtig sein, um keine Immunsuppression zu erhalten. 

    * * * *

    Frage: Welche Tests sollte man bei einem CFS/ME-Patienten hinsichtlich möglicher Dysautonomie (einer Dysfunktion des autonomen Nervensystems) durchführen? [Dysautonomie oder autonome Dysfunktionen umfassen Probleme mit bzw. eine Instabilität der automatischen“ Regulation verschiedener Funktionen durch das zentrale Nervensystem, vom Blutdruck über die Herzschlagfrequenz bis zur Körpertemperatur und der Verdauung. Dazu kann ein breites Spektrum an Symptomen gehören.] 

    Dr. Klimas: Ich fange damit an, eine Woche lang die Werte für den Blutdruck und den Puls aufzuzeichnen – im Liegen, 5 Minuten nach dem Aufstehen… Wenn es da eine Differenz von mehr als 20 mmHg beim Blutdruck oder 20 Schlägen beim Puls gibt, dann ordne ich einen Kipptischtest an oder behandle auf Dysautonomie. 

    * * * *

    Frage: Ich leide unter orthostatischer Intoleranz, und das ist schlimmer als die Erschöpfung. Haben Sie da irgendeinen Rat? Ich habe es mit FlorinefR versucht, aber das war ein großer Fehler. Ich habe davon hohen Blutdruck bekommen, und vom Absetzen habe ich Nervenschmerzen bekommen. [Orthostatische Intoleranz ist eine Art der autonomen Dysfunktion, die bei ME/CFS häufig vorkommt. Wenn die Betroffenen von einer liegenden in eine aufrechte Position wechseln, dann kommt es zu Symptomen wie einem anormalen Abfall des Blutdrucks, einem raschen Pulsschlag, Schwäche etc. Man bezeichnet dies als Postural Orthostatic Tachycardia Syndrome – lagebedingtes orthostatisches Tachykardie-Syndrom (POTS).]

    Dr. Klimas: Manchmal muss man hier eine Kombination von Betablockern und Florinef einsetzen. Besonders dann, wenn Sie manchmal unter Pulsrasen leiden. Denken Sie daran, Ihr Blutdruck ist am höchsten, wenn Sie LIEGEN! Deshalb müssen Sie dafür sorgen, dass Sie dann keinen hohen Blutdruck haben. [Florinef, Gattungsname Fludrocortison, unterstützt die Zurückbehaltung von Salz und kann so den Abfall des Blutdrucks verhindern helfen. Betablocker verlangsamen die Nervenimpulse, die durch das Herz laufen, so dass es weniger Blut und Sauerstoff benötigt und nicht so hart arbeiten muss.]

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    Frage: Dr. Klimas, ich bekomme Anfälle von Pulsrasen, wenn ich mich ins Bett lege, und manchmal macht mir das große Angst. Kommt das Ihrer Erfahrung nach häufig vor? Glücklicherweise helfen dagegen Betablocker.

    Dr. Klimas: Sehr häufig. Das ist diese verflixte Instabilität der autonomen Funktionen. Wenn Sie eine Frau sind, werden die Wechseljahre für Sie alles andere als lustig werden.

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    Frage: Meine Tochter leidet im Zusammenhang mit ihrem CFS an autonomer Dysfunktion. Wer außer Ihnen, würden Sie sagen, hat davon am meisten Ahnung?

    Dr. Klimas: Zu den großen Künstlern gehören hier Dr. Peter Rowe, MD, am Johns Hopkins sowie das Forschungs- und Behandlungsteam des Autonomic Dysfunction Center des Vanderbilt Medical Centers und die Columbia University.

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    Frage: Ist orthostatische Intoleranz eine notwendige Bedingung für die Diagnose eines CFS?

    Dr. Klimas: Nein – nur etwa 60% leiden darunter.

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    Frage: Sind Sie enttäuscht über die empirische Definition des CFS durch die CDC, die so breit gefasst ist, dass sie 2,54% der Bevölkerung umfasst?

    Dr. Klimas: Oh, was für eine schwierige Frage! Es ist wichtig zu wissen, dass ein so hoher Prozentsatz der Bevölkerung unter schwerer Erschöpfung leidet. In Japan kommt diese Zahl an 5% heran! Aber diese sehr hohe Zahl umfasst die verschiedensten Untergruppen.

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    Frage: Also haben das mehr Leute als uns klar ist?

    Dr. Klimas: Allerdings! Und weniger als 15% der Patienten, die an ME/CFS leiden, haben tatsächlich auch eine Diagnose erhalten.

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    Frage: Insgesamt gesehen, glauben Sie, die immunologischen Symptome des ME/CFS kommen eher von chronisch aktiven Viren oder von irgendeiner Form der Immundysfunktion oder von einer Kombination aus beidem? Oder hängt das vielleicht vom jeweiligen Individuum ab?

    Dr. Klimas: Jeder Patient ist unterschiedlich, und die Abweichungen im Immunsystem könnten die Folge (und der Auslöser) persistierender Virusreaktivierungen sein oder könnten aus Problemen im Zusammenhang mit Autoimmunität stammen.

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    Frage: Dr. Klimas, glauben Sie, dass wir nah daran sind, die Ursache dieser Erkrankung herauszufinden?

    Dr. Klimas: Ja, das glaube ich. Ich denke, die Studien zur Genomik haben uns erstaunliche Einblicke in die Ursachen und in potentielle Behandlungsformen dieser Erkrankung geliefert.

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    Frage: Was würden Sie gegen Muskel- und Sehnenverspannungen in den Händen empfehlen?

    Dr. Klimas: Muskelverspannungen und Krämpfe müssen mit regelmäßigen Dehnungsübungen und kalten Kompressen behandelt werden – obwohl manchmal auch Wärmebehandlungen helfen. Körperliches Training kann für ME/CFS-Patienten schwierig sein. Dr. Charles Lapp, Direktor des Hunter-Hopkins Center in Charlotte, NC, hat gezeigt, dass aerobe Übungen auf niedrigem Niveau in Portionen von je 5 Minuten toleriert werden können, wobei zwischen jedem Versuch 5 Minuten Ruhepause eingeschaltet werden sollten. Das kann sehr hilfreich sein! Also, aerobe Übungen in kleinen Portionen, Widerstandsübungen und Dehnungsübungen, alles drei.

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    Frage: Wissen Sie irgendeinen Ort, an dem es ein gutes Programm zur Muskelstärkung mit relativ schwerem CFS gibt?

    Dr. Klimas: Das Entscheidende ist, sanft und langsam vorzugehen und sich zwischendurch immer wieder auszuruhen. Ich schlage eine DVD mit Matten-Übungen nach der Pilatesmethode und einen Kurzzeitwecker mit einer 5-Minuten-Einstellung vor. Versuchen Sie das mehrmals am Tag und versuchen Sie, nochmals 5 Minuten zu üben. Denise Austin hat eine hübsche Cassette produziert, die meine Patienten sehr mögen.

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    Frage: Ich habe gute und schlechte Tage. Würden tägliches Training und Dehnungsübungen zu verstärkter Erschöpfung führen? Ich mache Pilates und Yoga. Und Denise Austin auch. Ich habe sogar mit einem Physiotherapeuten gearbeitet, um sicherzustellen, dass ich die Dehnungsübungen richtig mache.

    Dr. Klimas: Wenn man zuviel körperliches Training macht, kann das zu Rückfällen führen (das ist schließlich Teil der diagnostischen Kriterien für die Krankheit.) Sie können Ihre Kondition soweit verbessern, dass Sie mehr tun können. Aber dann treiben Sie es ein bisschen zu weit und es geht Ihnen wieder schlechter. Ich weiß, wie frustrierend das ist!

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    Frage: Wer außer Ihnen macht die beste Arbeit im Hinblick auf Behandlung, Diät usw.? Welche Kliniken sind am aufgeschlossensten und wissen am meisten über CFS?

    Dr. Klimas: Es ist schwierig, gute Ärzte zu finden. Die meisten wissen nicht viel über CFS. Co-Cure (das Co-Cure ME/CFS & Fibromyalgia Information Exchange Forum) hat eine hübsche Liste von Ärzten auf seiner Website.

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    Frage: Ich lebe in Sarasota, Florida. Nehmen Sie noch neue Patienten an, und nehmen Sie Patienten für Studien auf?

    Dr. Klimas: Zur Zeit nicht. Aber ich hoffe, dass ich meine Türen bald wieder öffnen kann, da meine Universität plant, neue Mitarbeiter einzustellen, mit denen wir unser Programm erweitern können. Wir rekrutieren Patienten für unser Good Day/Bad Day Studiey und für eine Studie, mit der wir einen Biomarker finden wollen. Außerdem brauche ich Kriegsveteranen mit CFS und gesunde Kontrollpersonen.

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    Frage: Dr. Klimas, glauben Sie daran, dass diese Erkrankung abklingen kann?

    Dr. Klimas: Allerdings! Und an ein vollständiges Verschwinden! Das kommt vor, aber nicht oft genug, um hier Versprechungen machen zu können. Die besten Umarmungen bekomme ich in Flugzeugen oder an anderen öffentlichen Orten, wenn ich Patienten begegne, die jetzt gesund und glücklich sind.

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    Frage: Glauben Sie, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen den Auswirkungen des ME/CFS auf das Immunsystem und der Tatsache, dass ich und andere Patienten, die ich kenne, keine Erkältungen zu bekommen scheinen oder sie schneller abschütteln können?

    Dr. Klimas: Zwei Gründe gibt es dafür – erstens leben Sie isolierter und mögen so einer Exposition aus dem Weg gehen. Aber ich glaube, der wichtigere Grund ist, dass das Interferon heraufreguliert ist – das natürliche antivirale Mittel Ihres Körpers –, das eine Infektion stoppen kann, bevor sie sich entfalten kann.

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    Frage: Haben Sie bei Ihren Patienten schon mal einen Neutrophilenmangel (eine geringe Anzahl von weißen Blutzellen, die Infektionen bekämpfen) gesehen?

    Dr. Klimas: Ja, und dann überlege ich, ob das Knochenmark vielleicht nicht richtig arbeitet, eine Pestizidbelastung vorliegt oder es sich um Nebenwirkungen von Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln handeln kann.

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    Frage: Was denken Sie über die Rolle von Umweltgiften wie beispielsweise Schimmel?

    Dr. Klimas: Alles, was das Immunsystem überstimuliert, ist verdächtig, und manche Schimmelarten geben auch immunsuppressive Substanzen ab. Eine weitere mögliche Untergruppe von CFS… Ich habe Fälle von Sick-Building-Syndrom gesehen, bei denen ich fast sicher bin, dass sie durch solche Mechanismen zustande kamen.

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    Frage: Glauben Sie, dass ME eine Autoimmunkrankheit sein könnte? Mir ist aufgefallen, dass viele ME-Patienten auch an Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyroidismus) und Fibromyalgie leiden.

    Dr. Klimas: Das Scripps Research Institute hat viele Jahre nach autoimmunen Prozessen bei CFS geforscht. Sie haben bei CFS spezielle Arten von ANA (antinukleäre Antikörper, die normales Gewebe angreifen) gefunden.

    * * * *

    Frage: Hallo, Dr. Klimas – können Sie etwas sagen, wie sich das CFS auf eine vorher bereits bestehende Schilddrüsenunterfunktion auswirkt? Meine TSH-Werte haben in den vergangenen 3-4 Jahren dramatisch geschwankt. [Hohe Werte des schilddrüsenstimulierenden Hormons TSH weisen oft auf eine zu wenig arbeitende oder „unempfängliche“ Schilddrüse oder auf zu wenig Schilddrüsenhormon hin und umgekehrt.]

    Dr. Klimas: Die Daten weisen darauf hin, dass Frauen mit einer schon vorher bestehenden Schilddrüsenerkrankung ein leicht erhöhtes Risiko haben, selbst wenn sie durch die Hormonsubstitution normale Schilddrüsenwerte haben. Ich gebe zusätzlich CytomelR, oder lasse die Patienten auf ArmourR wechseln, wenn ich Schwierigkeiten habe, ihren TSH-Wert bei 2 zu halten (optimaler Wert).

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    Frage: Meine Körpertemperatur scheint sich nicht von alleine regeln zu können. Im Sommer kann ich nicht abkühlen und im Winter wird es mir nicht warm. Ist das typisch für CFS?

    Dr. Klimas: Das kann sein – aber es kann auch ein Zeichen für ein Problem mit der Schilddrüse oder der Nebenniere sein, weshalb Ihr Arzt das sorgfältig untersuchen sollte.

    * * * *

    Frage: Was denken Sie über Adderall gegen die Erschöpfung?

    Dr. Klimas: Adderall ist eines von vielen Stimulanzien, die Ärzte gegen das Symptom der Erschöpfung einsetzen. Eine sehr kleine Studie, die bei unserer letzten Forschungssitzung vorgestellt wurde, legt nahe, dass RitalinTM bei 40% der Patienten hilfreich war. Aber ich hatte einen Patienten, der nach einer einzigen Tablette Selbstmordgedanken entwickelte, weshalb man Stimulanzien sehr sparsam einsetzen sollte.

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    Frage: Dr. Klimas, was halten Sie davon, wenn Patienten Cortisol einnehmen – entweder als verschreibungspflichtiges Mittel wie Cortef” oder in Form von rezeptfreien Nahrungsergänzungsmitteln zur Stimulierung der Nebenniere? [Cortisol ist ein Hormon, das von der Nebenniere produziert wird und dass als Stresshormon” bezeichnet wird, weil es an der Kampf oder Flucht”-Reaktion beteiligt ist, den Blutdruck und den Blutzuckerspiegel erhöht usw. Studien haben gezeigt, dass es bei etwa einem Drittel der ME/CFS-Patienten erniedrigt ist.]

    Dr. Klimas: In klinischen Studien war Cortisol hilfreich, aber die Patienten konnten es absetzen, sobald es ihnen besser ging. Eine langfristige Einnahme kann zu Osteoporose und grauem Star führen … deshalb empfehle ich das nicht.

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    Frage: Wie sind Ihre Erfahrungen mit Guaifenesin, wie es Dr. Paul St. Amand vorschlägt?

    Dr. Klimas: Viele Patienten werden Guaifenesin gegen Fibromyalgie versuchen. Meine Patienten haben damit keine großen Erfolge erzielt, obwohl ich weiß, dass Dr. St. Armand ein spezielles (Salicylat-freies) Behandlungsprotokoll im Zusammenhang mit der Einnahme verfolgt. Es hat darüber bislang noch keine richtige klinische Studie gegeben.

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    Frage: Um noch mal auf die Genomik zurückzukommen, und zwar auf andere als die von Dr. Kerr – gibt es da irgendeine Forschung oder Behandlung, auf die Sie besondere Hoffnungen setzen?

    Dr. Klimas: Es gibt da ein spanisches Unternehmen, das mit der FDA in Verhandlungen über einen Biomarker steht, den sie herausgefunden haben und der ME/CFS-Patienten von FM-Patienten und von gesunden Kontrollpersonen unterscheiden kann. Die haben gerade eine Dependance in den USA aufgemacht. Das ist eine ziemlich aufregende Geschichte! [Ihre Studie zu Genexpressionsprofilen “Genetic Profiles in Severe Forms of Fibromyalgia and Chronic Fatigue Syndrome” kam zu dem Schluss, dass FM und CFS verschiedenartige Krankheiten mit voneinander verschiedenen genetischen Profilen sind.”]

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    Frage: Wir hier in Kanada brauchen Hilfe. Es gibt, soviel man weiß, keine Ärzte, die ME/CFS-Patienten helfen könnten. Kennen Sie welche? Vielen Dank.

    Dr. Klimas: Dr. Bruce Carruthers hat die internationale Klinische Falldefinition für ME/CFS (und FM) veröffentlicht; Dr. Alison Bested ist auch in Kanada; und Dr. Ellie Stein – in meinen Augen sind das alles Helden. [Dr. Bested (Autorin von Hope and Help for Chronic Fatigue Syndrome and Fibromyalgia) ist an der Environmental Health Clinic des Women’s College Hospital in Toronto angegliedert. Und Dr. Stein (Autorin von “Chronic Fatigue Syndrome: assessment and treatment of patients with ME/CFS - Clinical guidelines for Psychiatrists”) [Deutsche Fassung hier, d.Ü.] behandelt in Calgary Patienten mit ME/CFS, FM, MCS und Umweltvergiftungen.]

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    Frage: Welche Tests benutzen Sie, um zwischen CFS und Depression zu unterscheiden?

    Dr. Klimas: Depressionen können ein lebenslang bestehendes Problem sein oder die Folge einer chronischen, schmerzhaften und lähmenden Erkrankung wie ME/CFS. Die Hälfte meiner ME/CFS-Patienten entwickelt im Lauf der Zeit eine Depression und DAS IST ABSOLUT BEHANDELBAR. Es gibt allgemein übliche Testverfahren (Beck Depression Inventory, Hamilton-D), mit denen man eine Depression aufspüren kann. Ich setze diese Tests ein, und dann bitte ich einen Kollegen in der Psychologie oder Psychiatrie mir dabei zu helfen, das zu regeln und, wenn nötig, zu behandeln.

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    Frage: Hallo, ich bin Arzt. Ich frage mich, wie die Pathophysiologie des Chronic Fatigue Syndroms zu erklären ist. Es tut mir leid, wenn diese Frage vielleicht schon vorher gestellt wurde. Liegt sie mehr im endokrinen Bereich oder mehr im autonomen Nervensystem?

    Dr. Klimas: Es ist eine komplexe Mischung aus immunologischen, autonomen Dysfunktionen, Schlafstörungen und Störungen der HPA-Achse. Es ist behandelbar, und die Patienten können wirklich gesünder werden, wenn man einen vorsichtigen, stufenweisen Ansatz verfolgt. Gehen Sie mal auf http://www.iacfsme.org. Dort finden Sie weitere Informationen.

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    Frage: Dr. Klimas, ich weiß, dass eines Ihrer Ziele als „Pädagogin“ ist, die neuesten Belege über unsere Krankheiten in der Gemeinde der Mediziner zu verbreiten. Die CFIDS Association hat angekündigt, dass sie sich nicht um eine Vertragsverlängerung mit den CDC bemühen wird, was die Dienste für die Weiterbildung und Information der Angehörigen der medizinischen Berufe über die Diagnose und Behandlung des ME/CFS betrifft. Und zwar aufgrund von Bedenken über die Richtung, die dieses Programm einnimmt”. Können Sie dazu Stellung nehmen?

    Dr. Klimas: Also, das kann ich nicht. Aber ich kann Ihnen sagen dass die IACFS/ME äußerst eifrig dabei ist, sehr detaillierte Richtlinien zu entwickeln, die den Ärzten in der Primärversorgung helfen sollen, die vielen komplexen Probleme abzuarbeiten, mit denen Patienten mit CFS/ME konfrontiert sind. [Siehe Dr. Klimas’ Brief an die IACFS/ME über die Notwendigkeit von Behandlungsrichtlinien: "The Need for Treatment Guidelines".] Ich denke, die nationale Öffentlichkeitskampagne war ein großartiger erster Schritt, und ich hoffe, dass die IACFS/ME mit der CFIDS Association und anderen Patientengruppen zusammenarbeiten kann, um mehr und mehr Ärzte zu erreichen.

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    Frage: Wenn jemand seinem Arzt Informationen geben will, damit der Arzt die organischen Anomalien bei CFS respektiert – was würden Sie da als Quelle empfehlen? Die Informationen der CDC sind für Laien geschrieben.

    Dr. Klimas: Ich habe gerade einen schönen Artikel in der Zeitschrift Current Rheumatology Reports veröffentlicht, das im Dezember herauskam. Darin finden Sie einen Überblick über die wichtigen Forschungsergebnisse im vergangenen Jahr: “Chronic Fatigue Syndrome: Inflammation, Immune Function, and Neuroendocrine Interactions.” [Siehe auch Artikel 3 des Monats Februar 08, d.Ü.]

    Und die Website der IACFS/ME bietet für professionelle Helfer eine Reihe von sehr hilfreichen Berichten und Artikeln. Die Vorsitzende des Ausschusses für den Webauftritt, Lee Meisel, MD, und die Mitarbeiter der IACFS/ME haben lange und hart gearbeitet, um diese Website aktuell und nützlich zu gestalten. Und wie ich bereits erwähnt habe ist auch das Toolkit auf der Website der CFIDS Association sehr hilfreich: http://www.cfids.org/sparkcfs/health-professionals.asp [Hier in deutscher Sprache, d.Ü.].

    Übrigens, die IACFS/ME braucht auch Patienten als Mitglieder, die unsere professionelle Organisation dabei unterstützen, gesund und munter zu bleiben. Als Präsidentin bitte ich Sie, Mitglied zu werden und sich mit Hilfe unseres Newsletters auf dem neuesten Stand der Forschung und der klinischen Entwicklungen, über Konferenzen usw. zu halten. Ein Formular für die Aufnahme als Mitglied für Ärzte und assoziierte” Studenten, Patienten und andere interessierte Einzelpersonen oder Gruppen ist auf der Website der IACFS/ME zugänglich.

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    Abschließende Bemerkungen

    Unsere Live-Diskussion nähert sich jetzt dem Ende. Wir danken Dr. Klimas für ihre bemerkenswerte Großzügigkeit, uns heute zur Verfügung zu stehen. Und wir danken Ihnen allen für Ihre Beiträge zu diesem äußerst interessanten Austausch.

    Dr. Klimas, Sie haben erwähnt, dass Ihnen manchmal irgendwo an öffentlichen Orten jemand um den Hals fällt. Ich sende Ihnen auch herzliche Umarmungen und Dankbarkeit von uns allen, die sich nicht von alleine erholen können. Ihre Forschungsarbeiten und alles, was Sie tun, schätzen wir außerordentlich!

    Dr. Klimas: Ich danke Ihnen. Vielen Dank an alle für eine so lebhafte Diskussion! Ich wünsche Ihnen allen ein glückliches und gesünderes Jahr 2008! Und vielen Dank an ProHealth, dass Sie diese Diskussion ermöglicht haben.

    Ein zu Hoffnungen Anlass gebendes persönliches Profil von Dr. Klimas, ihren gegenwärtigen Forschungsarbeiten und ihre Ansichten finden Sie hier. Und Informationen über ihre Projekte und Publikationen finden Sie hier.


    Beachten Sie bitte auch die Artikel 2 und Artikel 3 des Monats Februar 08!