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     Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6

    CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik

    Zusammenfassung des Vortrags von

    Prof. Dr. Wolfgang Huber

    anlässlich  der Fatigatio-Fachtagung vom 24.-25. September 2010 in Dortmund

    von Regina Clos

    Prof. Dr. Wolfgang Huber ist Internist und Nephrologe. Er hat lange eine nephrologische Klinik in der Nähe Heidelbergs geleitet und dort auch an der Universität gelehrt. Er ist von Anbeginn der Umweltmedizinbewegung in dieser aktiv und spielte als Gutachter eine wesentliche Rolle in den Prozessen mit der chemischen Industrie um die Schäden durch Holzschutzmittel. Er ist jetzt in einer Privatpraxis für Umweltmedizin in Heidelberg tätig.

    Prof. Hubers Vortrag konzentrierte sich auf die praktische Umsetzung des vorhandenen Wissens über die Krankheitsmechanismen beim Chronic Fatigue Syndrom, bei der Multiplen Chemikaliensensitivität und der Fibromyalgie im Rahmen der Differentialdiagnostik und und Therapie dieser Erkrankungen.

    Er hat viele Patienten, die mittellos sind, weshalb er viele der theoretisch sinnvollen Untersuchungs- und Behandlungsverfahren nicht einsetzen kann, da sie von den Kassen nicht bezahlt werden und zu teurer sind, um von den Patienten finanziert werden zu können. Deshalb muss er die Dinge auf das herunterbrechen, was finanziell leistbar ist.

    Ursachen und Diagnosekriterien von Multisystemerkrankungen:

    Wichtig sei es, die Problematik der chronisch degenerative Entzündungsprozesse bei CFS, MCS und anderen chronischen Krankheiten anzupacken. Die seien im Zentrum der Multisystemerkrankungen, aber nicht eine Depression – die sei allenfalls die Folge solcher Entzündungsprozesse. Eine Erhöhung der entzündlichen Zytokine (Tumornekrose alpha und Interleukin 6, CPR und andere) findet man auch bei anderen Erkrankungen wie Artheroskleorse, Herzinsuffizienz, Nierenerkrankungen, entzündlichen Darmerkrankungen und Diabetes mellitus Typ 2. Auch virale Erkrankungen und Erkrankungen durch Umweltgifte seien eine physiologische Einheit, denn ebenso wie CFS, MCS, Fibromyalgie und Reizdarmsyndrom gehören sie in die Kategorie chronisch degenerativer Entzündungsprozesse. Man findet bei allen eine vermehrte Inflammation und verminderte Abwehrfunktion.

    Die überwiegenden Ursachen sind Viren, auch Retroviren, bakterielle Infektionen, aber auch chronische Einwirkungen von Chemikalien wie Holzschutzmittel, Lindan, Herbizide, Dioxine, Formaldehyd, PCB, Pyrethroide oder Schimmelpilze. Auch chronische Entzündungsprozesse wie Granulome und chronische Zahnfleischentzündungen sind zu beachten. Manchmal sind sie eine Begleiterkrankung, manchmal die Ursache. Nicht zu vergessen sind auch ein HWS-Schleudertrauma, körperliche Traumata, Kohlenmonoxidvergiftung, Organophosphate andere Umweltgifte oder schwerer psychologischer Stress. Chemikalien mit hoher Speicherfähigkeit lösen u.U. Autoimmunprozesse aus.

    Bild von Susanne mit der Treppe!

    Prof. Huber zählte nochmals die Charakteristika und die Diagnosekriterien des Chronic Fatigue Syndroms sowie der Multiplen Chemikaliensensitivität 1999 auf.

     

     

    Praktische Fragen der Diagnose und Therapie

    Grundsätzlich gilt für alle Multisystemerkrankungen, dass man die chronischen Entzündungen angehen muss. Auch wenn hier oft keine ursächliche Heilung möglich ist, kann man durchaus Verbesserungen erreichen, zumindest für die Mehrzahl der Patienten.Das Verhältnis von pro- und antientzündlichen Zytokinen bestimme die individuelle Entzündungsneigung. Systemische Entzündungsprozesse sind nicht auf das Gewebe beschränkt, sondern bringen Endothelveränderungen mit sich, also das Gefäßsystem wird beeinträchtigt. Man kann die Entzündung ganz einfach und kostengünstig z.B. über TNF-alpha als Indikator des Endothelprozesses diagnostizieren.

    Huber kritisierte die Psychiatrisierung in der Rentenfrage und diejenigen, die sagen, man könne das nicht objektivieren. Das sei einfach nicht wahr, aber dennoch setzten sich Gutachter und Versicherungen immer wieder darüber hinweg.

    Die diagnostische Objektivierung von CFS, MCS und FMS ist über verschiedene Messparameter möglich. Dazu gehören z.B. die Dysfunktion der Mitochondrien mit einer  Verminderung des Energiestoffwechsels und der ATP-Produktion, die Immunfunktion gemessen über die Aktivierung proentzündlicher Zytokine (beides relativ kostengünstig), der oxidativer Stress in Form von Stickoxid und Peroxynitrit, Untersuchungen des Gehirns mit PET oder SPECT (was sehr teuer ist, aber hier sieht man sehr oft Veränderungen kognitive Leistungsminderung und Perfusionsminderungen im Gehirn), die orthostatische Dysregulation und die erhöhte Durchlässigkeit des Darmes mit der Folge von Lebensmittelallergien und Unverträglichkeiten. Er verstehe gerade als Naturwissenschaftler nicht, warum man diese Fakten immer noch ignoriere, aber die Widerstände seien da sehr groß.

    Zur Differentialdiagnostik zwischen CFS, MCS und FMS

    Die Unterscheidungsmöglichkeit sei oft schwierig, aber er untersucht die folgenden Parameter, da sich diese typischerweise unterscheiden würden.

    Bei CFS: TNF alpha erhöht, Interferon gamma nicht immer erhöht, nur manchmal. Serotonin im Serum und im Urin deutlich erniedrigt, Autoantikörper deutlich erhöht, Virusdiagnostik IgG-Antikörper sind auch wichtig für Bewertung der Erkrankung.

    Bei MCS: hier findet er seltener Virusinfektionen, die proentzündlichen Zytokine sind erhöht: TNF-alpha, verschiedene Interleukine und Interferon-gamma.

    Bei FMS: Autoantikörper sind erhöht, weniger das TNF-alpha, die Virusdiagnostik ist wichtig.

    Zusätzlich macht er eine Bestimmung des C-reaktiven Proteins, das Entzündungsprozesse anzeigt, und eine ATP-Messung zur Bestimmung einer möglichen mitochondrialen Dysfunktion.

    Grundsätzlich verfolgt er aus Gründen der Wirtschaftlichkeit eine Stufendiagnostik und achtet darauf, welche Parameter unbedingt gemessen werden müssen und welche nicht.

    ATP ist ein wichtiger diagnostischer Marker. Hohe Serum-TNF-alpha-Spiegel gehen immer mit vermindertem ATP als Hinweis auf eine Mitochondrienstörung einher.Das hat das Institut für medizinische Diagnostik von Prof. von Baehr kürzlich an 455 Patienten nachgewiesen. Entzündungsprozesse führen immer zu einer Verschlechterung der ATP-Bildung und einer zellulären Hypoxie, also einem intrazellulären Sauerstoffmangel. Gleichzeitig ist die ATP-Bildung ein Indikator für therapeutischen Erfolg.

    Das Ziel jeder Therapie ist deshalb, mit Hilfe einer antioxidativen Therapie die Entzündungsvorgänge zu reduzieren. Dafür gibt es kein Patentrezept, weshalb dies in jedem Einzelfall ausprobiert werden muss, was ein Patient verträgt. Er wisse auch nicht, warum der eine Patient auf Behandlung anspricht und ein anderer nicht. Auch in der Behandlung versucht er, möglichst wirtschaftlich vorzugehen.

    Oxidativer Stress führt zu einem Verlust des Spannungspotentials (also zwischen intra- und extrazellulärer Spannung) der Zellen. Sie beträgt normalerweise etwa 0,5Volt, aber wenn sich dieses Spannungspotential reduziert, sind die Mitochondrien weniger funktionsfähig. Energieverbrauch bedeutet immer auch Verlust von Schwefel, weil dieser im Stoffwechsel gebraucht wird. Das weiß man auch aus der HIV-Forschung; Patienten im Stadium III verlieren insbesondere Cystein. Man kann diesen Schwefelverlust oder den Verlust der essentiellen Aminosäure Cystein z.B. mit Acetylcystein ausgleichen. Es ist eine Vorstufe von Glutathion, einem schwefelhaltigen Tripeptid und sorgt für Gleichgewicht von intra- und extrazellulärer Spannung.

    Alpha-Liponsäure ist das zweite Mittel, mit dem Huber arbeitet. Es ist ein schwefelhaltiges Antioxidants, rezudiert Radikale, das oxidierte Glutathion zu reduziertem Gluthation und komplexiert Metalle. Das sind die beiden Schlüsselsubstanzen im therapeutischen Einsatz. Außerdem verwendet er Zeolith, ein natürliches mikroporöses Gestein vulkanischen Ursprungs, das Schwermetalle adsorbieren kann, freie Radikale abfängt und Toxine bindet.

    Weiterhin hält er für wichtig den Ausgleich des Mangels an Vitamin D-3. L-Carnithin setzt er ein, weil dieses den Immunstatus verbessert und die Lymphozytenproliferation anregt, ebenso wie die Phagocytoseaktivität der Granulocyten und Monocyten. Hinzu kommen Vitamin B-1, B-6 und B-12 sowie Q10. Diese Substanzen setzt er je nach therapeutischem Effekt variabel ein. Er betont abschließend, dass der Therapieerfolg sehr unterschiedlich sei, dass man Geduld brauche und dass sich ein Therapieerfolg manchmal erst nach zwei Jahren einstelle.