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					Die 
					Catechol-O-Methyltransferase (COMT) ist ein Enzym, das 
					verschiedene Catecholamine (die Neurotransmitter 
					Noradrenalin, Adrenalin, Dopamin) und neuroaktive 
					Arzneistoffe O-methyliert und damit inaktiviert und dem 
					Abbau zuführt. Es gibt Menschen mit einer genetischen 
					Variation, einem sogenannten Polymorphismus, durch den 
					dieses Enzym in geringerem Ausmaß produziert wird. Das führt 
					dazu, dass die KatecholamineCatecholamine und bestimmte 
					Medikamente weniger schnell abgebaut werden und länger auf 
					den Körper einwirken. |  
			Dr. Müller erläuterte die 
			komplexen Zusammenhänge an einem Fallbeispiel einer 24-jährigen 
			Frau, die zuvor aktiv und gesund war und sich dann nach einer 
			Infektion nicht mehr erholte. Sie litt an starker und anhaltender 
			Erschöpfung, Müdigkeit und Kraftlosigkeit. Bei geringer körperlicher 
			Beanspruchung verschlechterte sich ihr Befinden rasch, und sie hatte 
			dabei Herzbeschwerden und Herzstolpern. Sie erholte sich nach 
			körperlicher Anstrengung nur langsam. Sie hatte eine erhöhte 
			Anfälligkeit für banale Infekte, chronische Diarrhoen, Haarausfall, 
			trockene Haut und atemabhängige Thoraxschmerzen. Außerdem hatte sie 
			ein Zahnimplantat. 
			Dr. Müller macht in solchen Fällen 
			eine Basisdiagnostik, die sich am Leitsymptom orientiert. Er schaute 
			hier nach Leukozyten, Monozyten, NK-Zellen, CD57-NK-Zellen und dem 
			Quotienten der T4-/T8-Zellen. Da die proentzündlichen Zytokine 
			auffällig erhöht waren und dies auf eine Entzündung schließen ließ, 
			untersuchte er auf Coxsackie-Viren und EBV. Beide Infektionen waren 
			nachweisbar. 
			Die Suche im peripheren Blut ist 
			unzulänglich, weil diese Erreger da nicht unbedingt nachweisbar 
			sind. Sie ziehen sich u.U. in Organe zurück. Das gilt insbesondere 
			intrazelluläre Erreger. 
			Alle chronischen Infekte erzeugen 
			nitrosativen Stress. Das ist physiologisch sinnvoll und so 
			vorgesehen. Der nitrosative Stress hat am Anfang einen gewissen 
			Nutzen, nur wenn er chronisch wird, ist das krankmachend. Deshalb 
			hat er auch bei dieser Patientin den nitrosativen Stress und die 
			ATP-Werte untersucht. Der nitrosative Stress war enorm erhöht und 
			das ATP stark erniedrigt.  
			Da alle Multisystemerkrankungen mehrere Pfade haben, auf denen sie entstehen 
			bzw. unterhalten werden, kann man sie nicht auf einen Pfad 
			reduzieren. Da Erschöpfung auch durch eine Störung im Bereich der 
			Neurotransmitter erzeugt werden kann, hat er auch diese untersucht. 
			Dabei ergab sich, dass das Verhältnis von Noradrenalin und Adrenalin 
			pathologisch erhöht war. Das Serotonin war stark erniedrigt, wie man 
			es bei allen Patienten findet, bei denen eine chronische, 
			langandauernde Entzündung vorhanden ist. Das Glutamat war ebenfalls 
			deutlich erhöht – ein Stoff, der für das Gehirn toxisch wird, wenn 
			die Werte zu hoch sind. Der morgendliche Cortisol-Wert war zu 
			niedrig, so dass der morgendliche Energieschub nicht da sein konnte. 
			Aufgrund des gestörten 
			Verhältnisses von Noradrenalin und Adrenalin hat er sich diese 
			Catecholamine (Dopamin, Noradrenalin, Adrenalin) näher angesehen. 
			Die Produktion und Abbaugeschwindigkeit dieser Neurotransmitter sind 
			von besonderer Bedeutung. Sie sind nicht nur Teil der 
			physiologischen Dauerregulation des Körpers, sondern sorgen für 
			einen Leistungszuschuss in Situationen, in denen der Mensch unter 
			Stress gerät. Sie sind also Teil der physiologisch notwendigen 
			Stressanpassungsreaktion. Aber ihre Erhöhung muss begrenzt werden 
			auf die Zeit, in der wir sie brauchen, d.h., sie müssen auch wieder 
			abgebaut werden. Deshalb gibt es ein System, über das sie abgebaut 
			werden, wenn sie nicht mehr nötig sind. Zentral in diesem 
			Abbaumechanismus ist das Enzym Catechol-O-Methyltransferase (COMT). 
			Die Abbaugeschwindigkeit der Catecholamine durch COMT ist bei den 
			Menschen unterschiedlich, und wie hoch sie ist, ist genetisch 
			festgelegt. Wenn die Abbaugeschwindigkeit länger ist, dann wirken 
			die Catecholamine deutlich länger. 
			Eine verminderte 
			Abbaugeschwindigkeit der Catecholamine, d.h. eine geminderte 
			Aktivität von COMT, hat viele Vorteile, 
			denn diese Menschen haben eine hohe geistige und körperliche 
			Leistungsfähigkeit, eine große Ausdauer, sie erschöpfen erst spät, 
			es fällt ihnen alles leicht. Sie können viele Dinge gleichzeitig 
			erledigen, sie begreifen komplexe Sachverhalte schnell, sie haben 
			eine hohe Sprech- und Sprachbegabung, sind aber auch ungeduldig, 
			rastlos und hastig, sind sportlich vielseitig, aber mit schlechter 
			Teamfähigkeit. Ihre Sinneswahrnehmung ist gesteigert. Alle Sinne 
			sind gleichzeitig hoch wahrnehmungsfähig. 
			Auf der anderen Seite 
			hat die geminderte COMT-Aktivität auch Nachteile. Die Menschen sind 
			oft aggressiv, körperlich wie verbal. Sie schwitzen leicht, haben 
			meist keine Gewichtsprobleme. Sie sind unfähig, meditative Verfahren 
			wie Yoga zu verfolgen und erholen sich eher durch körperliche 
			Aktivität. Sie haben ein geringes Schlafbedürfnis, oft 
			Schlafstörungen. Sie haben einen hohen Verbrauch an 
			Mikronährstoffen, kommen also leicht in Mangelzustände. Wichtig ist 
			die Störung der Verstoffwechslung der Catecholamine und auch von 
			Medikamenten und Schadstoffen. 
			Für die Synthese der Catecholamine 
			sind eine Reihe von Stoffwechselvorgängen und Mikronährstoffen 
			notwendig. Bei Patienten mit dem COMT-Polymorphismus kommt es leicht 
			zu einem negativen Feedback zwischen Noradrenalin und Dopamin, so 
			dass das Noradrenalin nicht in Adrenalin umgewandelt wird. Wenn 
			Noradrenalin schlechter abgebaut wird, dann hat das eine Wirkung auf 
			Organe.  
			Katecholamine fungieren als 
			Transmitter im peripheren und zentralen Nervensystem. Für die 
			Wirkungsintensität hat der Körper zwei steuerbare Elemente: Menge 
			und Rezeptordichte. Wir brauchen die Katecholamine sowohl für die 
			physiolische Dauerregulation als für besondere Anforderungen, d.h. 
			auch im Rahmen der Anpassungsreaktion an Stress. Stressreaktionen 
			sind grundsätzlich überlebenswichtig, selbst Panikreaktionen sind 
			gegebenenfalls lebensrettend. Sie führen zu einer Steigerung von 
			Sinneswahrnehmung, der Hirnleistung, der Handlungsgeschwindigkeit, 
			der Aggressivität. Aber nach dem Stressereignis müssen die 
			Katecholamine wieder abgebaut werden, sonst wird der 
			Energieverbrauch einfach zu hoch. 
			Die 
			Katecholamin-Sythese findet im Gehirn, in der Nebennierenrinde und 
			im symphatischen 
			Nervensystem 
			statt. Man hat aber in neuerer Zeit herausgefunden, dass sie auch in 
			den T-Lymphozyten, den B-Lymphozyten, den NK-Zellen, den 
			dentritischen Zellen und den Makrophagen gebildet werden. Das heißt: 
			Die Zellen des Immunsystems sind in der Lage, Stresshormone zu 
			bilden! 
			Die physiologischen Funktionen des 
			Enzyms COMT ist neben der Verstoffwechslung der Catecholamine und 
			dem Abbau von Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin auch der Abbau von 
			Arznei- und Umweltschadstoffen wie aromatischen Kohlenwasserstoffen, 
			Benzpyrenen, Dioxinen, Furanen, PCB u.a. Der Abbau erfolgt über eine 
			Methylierung. Deshalb ist die Hintergrundbelastung der Bevölkerung 
			mit diesen Schadstoffen ein Problem, weil diese Umweltgifte COMT zum 
			Abbau brauchen, und das führt zu einer Minderleistung im Bereich der 
			endogenen Regulation, d.h., wir haben sie nicht mehr für die 
			physiologischen Aufgaben zur Verfügung. Damit wird jeder Organismus 
			dereguliert. 
			Die Katecholamine 
			wirken auf das Immunsystem, indem sie die Proliferation von 
			T-Lymphozyten hemmen, die Organverteilung von T-Zellen lenken, 
			TNF-alpha, IFN-y, IL 1, IL 12 hemmen, TH1- Zellen (IL 2, IFN-y) 
			supprimieren, IL 10 stimulieren IL 10 und adrenerge Nervenfasern 
			versorgen. Sie wirken auf Knochenmark, Lymphknoten, Thymus und Milz. 
			Adrenerger Stress reduziert die Lymphozyten und Noradrenalin fördert 
			das Wachstum von Bakterien. Das heißt: die Infektabwehr wird durch 
			die Katecholamine beeinflusst. Sie regulieren die Immunabwehr 
			herunter und das Bakterienwachstum hoch. Das führt damit zu 
			Infektionskrankheiten und zu einem Th1-Th2-Shift.  
			Katecholamine 
			selbst senken den Serotoninspiegel und haben einen immunsuppressiven 
			Effekt, unabhängig von dem später durch die Inflammation 
			auftretenden Serotonin-senkenden Effekt. Durch die Freisetzung von 
			TNF-α und/oder IFN-γ wird das L-Tryptophan vermehrt in Kynurenin 
			umgesetzt. Dies bedingt eine weitere Reduktion von Serotonin und in 
			der Folge auch von Melatonin. Dieser Serotoninmangel kann zu 
			depressiven Symptomen führen – fälschlicherweise wird dann die 
			Depression als Ursache der Krankheit angesehen, dabei sind sie die 
			Folge von Infektionen.  
			Bei Frauen mit diesem 
			COMT-Defekt kommt ein weiteres Problem hinzu: auch die Östrogene, 
			das Katecholöstrogen werden durch das COMT abgebaut, so dass sie 
			auch durch den hohen Wert an Katecholöstrogenen permanent unter 
			Stress gehalten werden. Dadurch werden die klassischen Catecholamine 
			noch weiter verzögerter abgebaut, so dass sich das gegenseitig 
			aufschaukelt. Dies führt außerdem zu einem erhöhten Krebsrisiko. 
			Wenn die Aktivität von 
			COMT reduziert ist und damit die Katecholamine im Körper länger oder 
			stärker wirken, dann kann das zu verschiedenen Krankheiten führen 
			oder zumindest beitragen. Dazu gehören Herzkreislauf-Krankheiten, 
			Schlaganfälle, Infektanfälligkeit und verschiedene psychiatrische 
			Krankheitsbilder wie verstärkt auftretende Psychose bei Morbus 
			Alzheimer, Schizophrenie, bipolare affektive Störungen, 
			stressinduzierte Psychosen und Depression. 
			Folie 28 von Dr. Müllers 
			PowerPoint-Vortrag zeigt den Unterschied der Reaktion auf Stress 
			zwischen Menschen mit und ohne diesen COMT-Polymorphismus. 
			 
			Zurück zur Patientin: 
			sie hatte eine T-Zell vermittelte Sensibilisierung auf verschiedene 
			Nahrungsmittel (Typ-IV Allergie), die zur Erhöhung von IL 2, IFN-y 
			führen. Das Implantat führte durch den Titangehalt zur starken 
			Expression von IL 1b. Das führt dann zu einer neuronalen Stimulation 
			des Sympathikusnervs, und der führt dazu, dass das Gehirn dann 
			selbst IL1b produziert, also einer Substanz, die Müdigkeit 
			hervorruft. 
			Eine mögliche Behandlung, die auf 
			ein Abfedern des COMT-Defekts abzielt, besteht in der Gabe von 
			relevanten Substanzen wie Aminosäuren (Phenylalanin, Tyrosin, 
			L-Tryptophan, 5-http), S-Adenosylmethionin (SAMe), Mikronährstoffen 
			(Vit. B1, 
			B3,B5, B6, B12, Vit. C, 
			Folsäure, Biotin) und Mg, Zn, L-Carnitin, Ubichinon. Eine natürliche 
			L- DOPA Quelle ist Mucuna puriens (Bohne). Diese Stoffe braucht man 
			beim Abbau von Noradrenalin zu Adrenalin und für das Recyceln von 
			Homozystein. Auch Sport kann als Therapie eingesetzt werden. 
			Menschen mit einer genetischen Minderung der Enzymleistung von COMT 
			benötigen regelmäßigen Sport.  | 
		
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			Bei Krankheit springt das System nicht mehr auf Null 
			Anlässlich 
			einer Frage aus dem Publikum zum Thema „Stress“ fasste Dr. Kurt E. 
			Müller den Zusammenhang von Stressoren, Regulationsmechanismen und 
			der möglichen Entstehung von chronischer Krankheit als dynamisches 
			Geschehen zusammen. Auszüge: 
			„Sie haben beim Thema Stress das 
			typische psychiatrische Verständnis von Stress in Ihre Frage 
			hineingepackt, nämlich dass Stress immer ein rein psychisches, 
			subjektives Erleben der Person ist. Herr Bieger und ich haben genau 
			das Gegenteil gemacht. Wir haben nämlich betont, dass Stress einmal 
			eine notwendige Anpassungsreaktion ist, die wir in vielen 
			Situationen brauchen, dass sie aber auch, wenn sie dauernd einwirkt, 
			biochemisch-neurochemisch deregulierend wirkt. Das kann sowohl akut 
			passieren, wenn akuter Stress so hoch ist, wie das etwa bei einem 
			10-Kämpfer ist, der sich bis zum Letzten verausgabt. (...) 
			 
			Wir müssen bedenken, dass diese 
			Mechanismen, die uns krank machen, physiologisch auch gebraucht 
			werden. (...) Der gleiche Mechanismus wird auch bei Gesunden immer 
			wieder eingesetzt, und wenn er nicht mehr gebraucht wird, springt er 
			wieder auf die Ausgangsstellung zurück. Krank werden heiß, nicht 
			mehr in die Ausgangsstellung zurückkommen.  
			Wenn Sie einen grippalen Infekt 
			haben, durchlaufen Sie über drei bis fünf Tage alles, was Dr. Bieger 
			Ihnen erzählt hat, aber am Ende der fünf Tage ist Schluss, und dann 
			braucht es nochmals fünf Tage, und dann ist das System wieder in die 
			Nullstellung zurückgegangen, und beim nächsten Infekt fängt es 
			wieder von der Nullstellung an. 
			Werden Sie chronisch krank, kommt 
			das System nicht mehr in die Nullstellung zurück. Das kann 
			langfristig, kontinuierlich über lange Zeiträume passieren, das kann 
			auch in einer akuten Situation passieren, aber wichtig ist: es 
			springt nicht mehr auf Null zurück. Der Stress ist eben ein Faktor, 
			der sehr viel breiter einwirkt, als die Psychiater es sehen.“ 
			 
			„Mit allem Respekt gegenüber Ihren 
			Forschungsergebnissen, Frau Mikovits – ich glaube nicht, dass wir 
			einen Marker als Virus für CFS finden werden, denn bei 
			Multisystemerkrankungen sind die Systemstörungen das Problem, das 
			wir haben. Wir haben verschiedene Systemstörer. Die Kollegin aus der 
			Charité hat den wichtigsten Satz des Tages gesagt: Die Krankheit 
			macht nicht der Viruserreger, sondern die Reaktion des Körpers 
			darauf. Die einzelnen Einwirkungen sind aus meiner Sicht sehr 
			verschieden und wir müssen suchen, bei wem ist welche Einwirkung 
			maßgeblich.  
			Aus meiner Sicht ist der Weg in 
			chronische Krankheiten lange. Er fängt an mit unserem genetischen 
			Rüstzeug, das ist schon vor der Geburt angelegt. Wir haben 
			epigenetische Effekte, die in der vorgeburtlichen und frühen 
			nachgeburtlichen Phase einwirken. Da werden unsere Systeme 
			feinjustiert auf die Lebensfunktionen. Wenn sie dort gestört werden, 
			behalten wir die Störung der Feinjustierung lebenslang. Damit ist 
			noch nichts passiert. Wir sind damit immer noch gesund. Und dann 
			kommen viele Dinge im Laufe des Lebens auf uns zu, die hier störend 
			einwirken.  
			Ich denke, es ist wichtiger, die 
			Faktoren zu untersuchen, die verhindern, dass die Regulationssysteme 
			wieder in die Nullstellung zurückspringen. Ich habe Ihnen heute mit 
			den Stresshormonen und dem COMT zwei Faktoren dargestellt, die 
			dieses Rückspringen unwahrscheinlicher machten, die bestimmte Trends 
			erzeugen. Dennoch wird es auch Patienten mit dieser 
			COMT-Konstellation geben, die ganz gesund sind und denen gar nichts 
			passiert.  
			Das sind also Faktoren, die nicht 
			zwangsläufig krank machen, sondern die in ihrem zufälligen 
			Zusammenkommen nach langer Laufzeit zur chronischen Krankheit 
			führen. Chronische Krankheit entwickelt sich langsam. Auch wenn es 
			für den Einzelnen manchmal schnell beginnt, weil der Moment, in dem 
			es umschaltet, kurz sein kann. Man selbst bezieht sich ja auf den 
			Moment, in dem es umgeschaltet hat – das andere bekommt man nicht 
			mit. Aber die Vorlaufzeit beträgt manchmal 15, 20 Jahre oder mehr.“
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