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    Artikel des Monats
November 08 Teil II

    Die Biologie des Schlafes

    Eine dreiteilige Serie über die Mechanismen des Schlafes und seine Auswirkungen auf den Körper

    Teil I

    Von Pamela Young, Chefredakteurin der CFIDS Association

    Das Original dieses Artikels ist im Mitgliedermagazin der CFIDS Association of America, The CFIDS Chronicle, Spring 2008 erschienen.

    Übersetzung und Reproduktion mit freundlicher Genehmigung

    Übersetzung von Regina Clos

    Text hier als pdf-Datei

    Teil II dieser Serie finden Sie hier.

    Teil III dieser Serie finden Sie hier.

     

    Für viele Menschen mit CFS ist das Thema Schlaf von hoher Dringlichkeit, denn tiefer und erholsamer Schlaf ist etwas, das ihnen fehlt. In vier Artikeln des CFIDS Chronicles, verteilt über vier Ausgaben, wird die Biologie des Schlafes untersucht, seine Auswirkungen auf den Körper und mögliche Folgen für CFS-Patienten. Im ersten Teil berichten wir über die grundlegenden Mechanismen des Schlafes und seine entscheidenden Funktionen.

     

    Schlafen ist etwas, das viele Menschen für selbstverständlich halten – etwas, das wir alle tun, ohne über die Gründe oder den Zweck dafür nachzudenken. Aber es ist offensichtlich, dass Schlaf eine lebenswichtige Funktion hat, da ihn beinahe jeder lebende Organismus braucht. Zweifelsohne kann schlechter Schlaf zu einer ganzen Reihe von körperlichen Problemen führen – was jeder, der an CFS-bedingten Schlafstörungen leidet, bestätigen kann. Aber was genau ist der Schlaf, und warum ist er so wichtig, damit alles richtig funktioniert?

    Bis in die 1950er Jahre glaubten die meisten Menschen, der Schlaf sei ein passiver und untätiger Teil unseres täglichen Lebens. Heute wissen wir, dass unser Gehirn während des Schlafes äußerst aktiv ist. Der Schlaf wirkt sich auf unser Funktionieren im Alltag und auf unsere körperliche und geistige Gesundheit auf so vielfältige Weise aus, die wir gerade erst zu verstehen beginnen.

     

    Einschlafen

    Unser Körper veranlasst uns nach einem biologisch bestimmten Tagesrhythmus zu schlafen, einem inneren, zeitgesteuerten Mechanismus, der die Körpertemperatur und die Ausschüttung von bestimmten Hormonen reguliert. Diese vom zirkadianen Rhythmus gesteuerten Veränderungen der geistigen und körperlichen Zustände treten im Verlauf eines jeden Tages auf (zirkadian ist der lateinische Begriff für „im Tagesverlauf“). Die Mehrzahl der zirkadianen Rhythmen wird von der biologischen Uhr des Körpers gesteuert, dem Suprachiasmatischen Nucleus (SCN) – zweiseitig angeordneten, reiskorngroßen Gehirnkernen, die zusammen etwa 20.000 Neuronen umfassen.

    Schläfrigkeit tritt auf, wenn der zirkadiane Rhythmus, der hauptsächlich durch Lichteinfall gesteuert wird und entsprechende Signale des SCN veranlasst, zur Ausschüttung des Hormons Melatonin und zum allmählichen Abfall der Körpertemperatur führt. Das ist Bestandteil der sogenannten Schlafeinleitung.

    Ein weiterer biochemischer Prozess ist die Ausschüttung von Adenosin, einem Neurotransmitter, der viele physiologische Prozesse dämpft, die uns wach halten. Adenosin hilft, den Körper auf die Ruhephase einzustimmen.

    Das Adenosin wird den ganzen Tag über produziert, wenn unsere Zellen die Energie bereitstellen, die wir benötigen, um uns zu bewegen und zu funktionieren. In dem Maße, wie die Menge des Adenonis in unserem Gehirn ansteigt, fühlen wir uns schläfriger. Zusammen mit den entsprechenden Signalen der zirkadianen Uhr weist das unseren Körper darauf hin, dass es Zeit zum Schlafen ist.

    In der Schlafwissenschaft bezeichnet man die Zeitspanne zwischen Wachheit und Einschlafen als Schlaflatenz. Während des Tages wird eine Schlaflatenz von 15-25 Minuten als normal angesehen. Eine kürzere Schlaflatenz ist wahrscheinlich ein Zeichen von kürzlichem oder andauerndem Schlafmangel. Eine längere Schlaflatenz kann ein Zeichen für Einschlafstörungen sein.

     

    Die verschiedenen Phasen des Schlafes

    Was geschieht eigentlich in der Zeitspanne zwischen dem Schließen der Augen in der Nacht und dem Aufwachen am nächsten Morgen? Wie sich gezeigt hat, eine Menge. Wenn wir schlafen, leitet unser Gehirn ein sich wiederholendes Muster von abgestuften Veränderungen in Körper und Geist ein. Man bezeichnet das als Schlafzyklus, und viele CFS-Patienten werden von Unterbrechungen oder Behinderungen dieses Zyklus’ geplagt. Schauen wir uns zunächst an, wie der Schlafzyklus im Normalfall abläuft.

    Bevor der erste Zyklus beginnt, verbringen wir einige Augenblicke in einem Stadium des „entspannten Wachzustands“. Die meisten Menschen verweilen in diesem Stadium bis zu 10 Minuten, bevor sie in die erste Schlafphase eintreten. Probleme mit der Schlaflatenz können die Zeitdauer beeinflussen, die man in diesem Vorschlafstadium verbringt.

    Stadium 1 (Einschlafphase): Während des 1. Schlafstadiums, auch als Somnolenz oder schläfriger Zustand bezeichnet, dämmern wir immer wieder ein und können leicht aufgeweckt werden. Unsere Augen bewegen sich sehr langsam und die Muskelaktivität verlangsamt sich. Wenn man Menschen aus diesem ersten Schlafstadium aufweckt, dann erinnern sie sich oft an bruchstückhafte bildliche Vorstellungen. Viele erleben auch plötzliche Muskelkontraktionen, die als Einschlafmyoklonie bezeichnet werden und denen oft ein Gefühl des Fallens vorausgeht. Dieses Stadium des Schlafes dauert normalerweise nur 5 bis 10 Minuten.

    Stadium 2 (Leichtschlafphase): Wenn wir in die 2. Schlafphase eintreten, hören die Augenbewegungen auf und die Hirnstromwellen (die Schwankungen in der elektrischen Aktivität des Gehirns) werden langsamer, wobei gelegentlich Ausbrüche von schnellen Hirnstromwellen auftreten, die man Schlafspindeln nennt. Das Bewusstsein für die Außenwelt schwindet.

    Stadium 3 und 4 (Tiefschlaf): Wenn unser Körper in die Tiefschlafphasen mit den langsamsten Gehirnwellen eintritt, produziert unser Gehirn die sogenannten Deltawellen. Der Hauptunterschied zwischen Stadium 3 und 4 besteht in der Menge der Deltawellen-Aktivität, die mehr als die Hälfte der Gehirnwellen im Stadium 4 ausmachen. In den Stadien 3 und 4 sind wir nur schwer erweckbar. Wenn wir geweckt werden, können wir uns nicht gleich zurechtfinden und fühlen uns zerschlagen und desorientiert. Dies sind die Schlafphasen, in denen auch Phänomene wie das Schlafwandeln oder Nachtangst auftreten.

    REM-Schlaf (Traumschlaf): Etwa 70 bis 90 Minuten nach Beginn des Schlafzyklus’ tritt der sogenannte REM-Schlaf auf – REM steht hier für rapid eye movement, also schnelle Augenbewegungen. Wenn wir in die REM-Schlafphase überwechseln, wird unsere Atmung schneller, unregelmäßig und flach, unsere Augen bewegen sich schnell und ruckartig in alle Richtungen, und die Muskeln unserer Gliedmaßen sind zeitweise „stillgelegt“.  Puls und Blutdruck steigen in dieser Phase des Schlafzyklus' an. Dies ist das Stadium, in dem die meisten Träume auftreten.

    Im Verlauf der Nacht durchläuft der Körper mehrere dieser Schlafzyklen. Ein vollständiger Schlafzyklus dauert normalerweise zwischen 90 und 110 Minuten. Die ersten Schlafzyklen der Nacht haben relativ kurze REM-Perioden und lange Tiefschlafphasen. Im weiteren Verlauf der Nacht werden die REM-Phasen länger, während die Tiefschlafphasen kürzer werden. Gegen Morgen verbringen wir beinahe die gesamte Schlafzeit in den Stadien 1, 2 und im REM-Schlaf. Die Unfähigkeit, einen vollständigen Schlafzyklus zu durchlaufen oder wieder einzuschlafen, wenn der Schlafzyklus unterbrochen wurde, nennt man Durchschlafstörungen – eine weitere Form der Schlafstörung, unter der viele CFS-Patienten leiden.

    Jede der Schlafphasen ist für den Schlafenden von Nutzen. Aber der REM-Schlaf und der Tiefschlaf scheinen lebenswichtiger zu sein, denn wenn uns der Schlaf entzogen wird, dann versucht unser Gehirn, den REM-Schlaf und den Tiefschlaf nachzuholen, wenn wir das nächste Mal schlafen können.

    So folgt unser Körper beispielsweise nicht dem normalen Verlauf des Schlafes, wenn der REM-Schlaf in der Nacht zuvor unterbrochen wurde. Stattdessen durchlaufen wir ausgedehnten REM-Schlafperioden, bis wir diese Schlafphase sozusagen wieder aufgeholt haben. Wenn sowohl der Tiefschlaf als auch der REM-Schlaf zu kurz waren, dann versucht unser Gehirn, zuerst den Tiefschlaf nachzuholen. Tatsächlich versucht das Gehirn, den gesamten Tiefschlaf nachzuholen, an dem es ihm gemangelt hat, während es nur die Hälfte des REM-Schlafes nachholt.

    Die Forschung über den Schlaf bei CFS-Patienten hat gezeigt, dass die charakteristischen Deltawellen des Tiefschlafes von Einbrüchen von Alphawellen gestört werden, die ansonsten eher im entspannten Wachzustand auftreten. Eine Studie, die 2008 im American Journal of Physiology veröffentlicht wurde, weist darauf hin, dass bei Menschen mit CFS der Übergang zwischen den Schlafphasen verändert ist, insbesondere in den Phasen des leichten und des REM-Schlafes.

     

    Der REM-Schlaf und der Tiefschlaf scheinen lebenswichtiger zu sein als die anderen Schlafphasen. Nach Schlafentzug versucht unser Gehirn, den REM-Schlaf und den Tiefschlaf nachzuholen, wenn wir das nächste Mal schlafen.

     

    Sinn und Zweck des Schlafes

    Obwohl die Wissenschaftler immer noch herauszufinden versuchen, warum genau der Mensch den Schlaf braucht, zeigen zahlreiche Studien bereits, dass der Schlaf viele Körperfunktionen beeinflusst und in der Tat überlebensnotwendig ist. Tierversuche haben gezeigt, dass Ratten normalerweise zwei bis drei Jahre leben. Wenn man ihnen jedoch den REM-Schlaf entzieht, dann leben sie durchschnittlich nur fünf Wochen, und Ratten, denen man den Schlaf vollkommen entzog, starben bereits nach drei Wochen.

    Die Forschung zeigt auch mehr und mehr, auf welche Weise der Schlaf viele der Körperfunktionen wiederherstellen und regenerieren kann:

    • Nervensystem: Einige Schlafforscher behaupten, dass Neuronen, die während des Tages in Aktion waren, sich im Schlaf selbst reparieren. Ohne Schlaf werden diese Nervenzellen so stark ihrer Energie beraubt oder so stark mit Nebenprodukten der normalen Zellaktivität verunreinigt, dass sie schlecht oder gar nicht mehr funktionieren. Der Schlaf gibt dem Gehirn auch die Möglichkeit, Verbindungen zu trainieren, die anderweitig aus Mangel an Aktivität abgebaut würden.

    • Erhaltung und Reparatur der Zellen: Während des Tiefschlafs findet sich bei vielen Körperzellen eine Steigerung der Proteinherstellung und eine Verminderung des Proteinabbaus. Da Proteine für das Wachstum und die Reparatur der Zellen benötigt werden, kann der Tiefschlaf als eine Art „Wartungsinspektion“ zur Erhaltung und Pflege der Zelle dienen. Ein weiterer wartungsähnlicher Prozess im Tiefschlaf besteht darin, dass sich der Blutfluss zu den Muskeln umleitet und damit möglicherweise zur Regeneration der körperlichen Leistungsfähigkeit beiträgt.

    • Gedächtnis und Lernen: Sowohl Studien am Menschen als auch Tierversuche liefern Belege dafür, dass der Schlaf auf bestimmte Art Gedächtnis und Lernen unterstützt, indem er es dem Gehirn ermöglicht, neu erlernte Informationen zu verarbeiten und die Erinnerung daran besser zu speichern.

    • Immunsystem: Der Schlaf scheint mit dem Immunsystem eng verknüpft zu sein. Ohne ausreichenden und guten Schlaf wird die Funktionsfähigkeit des Immunsystems geschwächt, und der Körper wird anfälliger gegenüber Infektionen und anderen Krankheiten. Die Forschung hat außerdem belegt, dass Schlafmangel die Wundheilung verzögert und die Anzahl der weißen Blutzellen vermindert, die im Körper zirkulieren.

    Ausblick

    Der Schlaf ist ein dynamisches Geschehen, das unsere Zeit im Wachzustand erheblich beeinflusst und das entscheidend ist für die Aufrechterhaltung wichtiger Körperfunktionen. Es ist deshalb nicht überraschend, dass schlechter oder mangelnder Schlaf sich negativ auf unsere Gesundheit auswirkt – etwas, das sich Menschen mit CFS kaum leisten können.

    Es gibt wachsende Belege dafür, dass ein Mangel an Schlaf das Risiko für eine ganze Reihe von gesundheitlichen Problemen erhöht, darunter Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Depressionen, hoher Blutdruck, Fettsucht und Infektionen. Aber Hilfe ist möglicherweise in Sicht.

     

    Die Untersuchung Ihres Schlafes

    Es sieht so aus, als ob CFS und schlechter Schlaf oft Hand in Hand gehen. Das kann es schwierig machen abzuschätzen, inwieweit Schmerzen, kognitive Schwierigkeiten und Erschöpfung eine Folge der Schlafstörungen sind oder eine Auswirkung des CFS.

    Eine Möglichkeit, das herauszufinden, ist die Untersuchung des Schlafes. Zwei verbreitete Verfahren zur Untersuchung des Schlafes und zur Diagnose von Problemen, die mit Schlafstörungen zusammenhängen, sind die Polysomnographie (PSG) und der Multiple Sleep Latency Test (MSLT).

    Bei der Polysomnographie werden die körperlichen Funktionen und Veränderungen während der ganzen Nacht aufgezeichnet. Der Test wird gewöhnlich in einem Schlaflabor durchgeführt und registriert die Gehirnaktivität, die Bewegung der Augen, die Herzschlagrate und den Blutdruck. Darüber hinaus werden die Sauerstoffsättigung des Blutes und Veränderungen in der Atmung protokolliert. Mit den Ergebnissen kann man dann eine etwaige Schlafapnoe, Narkolepsie, schlafbezogene Anfallserkrankungen und Parasomnien wie Schlafwandeln diagnostizieren.

    Der MSLT untersucht, wie schnell und wie effektiv Sie in der Lage sind, einzuschlafen. Es ist ein Test, der tagsüber durchgeführt wird – üblicherweise am Tag nach der Untersuchung im Schlaflabor. Dabei wird die Gehirnaktivität aufgezeichnet, während man sich für 30 Minuten in einem ruhigen Raum entspannt. Mit dem MSLT kann man Schlafstörungen wie Narkolepsie, idiopathische Hypersomnie (übermäßiges Schlafbedürfnis unbekannter Ursache) und Störungen im zirkadianen Rhythmus erkennen. Der Test wird drei- bis viermal wiederholt, weil die Fähigkeit einzuschlafen zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedlich sein kann.

    Wenn man die Schlafstörungen gezielt und richtig angeht, dann kann das oft zu einer Linderung der Symptome des CFS führen. Mit den Ergebnissen von einem oder beiden Tests bewaffnet können Sie und Ihr Arzt die schlafbezogenen Probleme, unter denen Sie vielleicht leiden, besser angehen.

     

    In der nächsten Folge lesen Sie, wie schlechter Schlaf die Regulationssysteme Ihres Körpers beeinträchtigen kann. Und Sie bekommen Tipps für einen besseren Schlaf!