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    Eine weitere Suchmöglichkeit besteht darin, z.B. bei www.google.de das Suchwort einzugeben und dann nach einem Leerzeichen den Zusatz site:www.cfs-aktuell.de

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    Artikel des Monats November 09 Teil 6

    Nancy Klimas zu XMRV 

     

    Bitte beachten Sie: 2012 hat sich herausgestellt, dass dieses XMRV keine Humaninfektion, sondern eine im Labor entstandene Chimäre war. Näheres unter Artikel des Monats Dezember 2012 - 1 auf dieser Website!

     

    Nancy Klimas ist Vorstandsmitglied der International Association for Chronic Fatigue Syndrome. Sie ist die Leiterin der Abteilung für Immunologie an der Miami School of Medicine und Leiterin der Forschung für klinische Forschung im Bereich AIDS/HIV am Miami Veterans Affairs Medical Center.

     

    In einem Video äußert sich Nancy Klimas zur Bedeutung der XMRV-Entdeckung. Sie können dieses Video online hier ansehen.

    Weiterhin beantwortete sie in einem Blog der New York Times Leserfragen. Die Fragen der Leser bezogen sich auf zwei Artikel in der New York Times: "Is a virus the cause of Chronic Fatigue Syndrome?" und "Virus is found in many with Chronic Fatigue Syndrome" Die folgenden Auszüge finden Sie im Original hier.

     

    Leserfrage: Wenn es ein Virus ist, ist es ansteckend? Wie wird es übertragen?

    Ganz allgemein werden Retroviren nicht über die Luft oder durch Tröpfcheninfektion übertragen, aber über sexuelle Kontakte, von der Mutter auf den Fötus und durch Bluttransfusionen. Aus dem heraus, was wir von anderen Retroviren wissen ist klar, dass die Menge der Viren eine Rolle spielt, und Menschen mit geringen Mengen an Viren sind weniger ansteckend als Menschen mit hohen Viruswerten im Blut. Was XMRV betrifft, das Retrovirus, was jetzt bei vielen Patienten mit Chronic Fatigue Syndrom gefunden wurde, haben wir noch nicht genügend Informationen, um beurteilen zu können, wie ansteckend es ist.

    Wann immer die Möglichkeit der Übertragung durch Sexualkontakte infrage kommt, sind die Betroffenen besorgt, dass sie ihre Sexualpartner anstecken könnten. Obwohl das möglich ist, ist es wichtig, sich klarzumachen, dass viele Infektionen auf eine Ansteckung zwischen den Ur-Urgroßeltern zurückzuführen sind, die dann über Generationen als latente Infektionen bestehen bleiben, oder als Infektionen von früheren Erfahrungen von irgendeinem Sexualpartner in einer Kette von Partner. Wir wissen, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass beide Partner Chronic Fatigue Syndrom (CFS) bekommen. Und obwohl eine Übertragung des CFS von der Mutter auf ihr Kind vorkommen kann, ist das doch eher selten.

    Wir wissen, dass es eine Reihe von Faktoren gibt, die das Risiko für CFS erhöhen: Genetik, die Funktionsfähigkeit des Immunsystems, die Schwere der auslösenden Infektion – um nur einige zu nennen. Allein einem Virus ausgesetzt oder sogar mit ihm infiziert zu sein heißt noch nicht unbedingt, dass die betroffene Person auch krank wird. Wir wissen nicht einmal, ob die Infektion mit XMRV tatsächlich krank macht oder ob das Virus eines von mehreren reaktivierten Viren wie HHV-6, Epstein-Barr- und Enteroviren).

    Es ist wichtig, dass man diese neuen Forschungsergebnisse über XMRV als nicht mehr als eine aufregende neue Entwicklung betrachtet. Wir brauchen Studien, die die Ergebnisse bestätigen, dann muss untersucht werden, ob das Virus Ursache des Anhaltens der Krankheit und der Symptome ist. Die gute Nachricht ist, dass, wenn das XMRV mit CFS zusammenhängt, es viele antivirale Medikamente gibt, deren Sicherheit bereits bei HIV getestet wurde und die die Virusvermehrung hemmen. Deshalb könnte das Design für solche Studien sehr schnell erstellt werden.

    Der Test auf XMRV, von dem berichtet wurde, wird gegenwärtig nur im Rahmen der Forschung eingesetzt. Die Leiterin der Forschungsabteilung des Whittemore-Peterson-Institutes, die an den jetzt veröffentlichten Forschungsergebnissen mitgearbeitet hat, sagte in einem Interview, sie gingen davon aus, dass es „innerhalb von Wochen“ einen kommerziellen Test geben wird. Mehrere andere kommerzielle Labors entwickeln auch Testverfahren (Assays).

    Dazu ein paar wichtige Punkte: Erstens, Antikörpertests sagen etwas darüber aus, ob Sie einem Virus einmal ausgesetzt waren, sagen aber nichts darüber aus, ob Sie eine aktive Infektion haben. Zweitens, eine Technik, die unter dem Namen PCR (Polymerase chain reaction) bekannt ist, messen etwas, was man als „viral load“ bezeichnet, und der Test ist entweder so gestaltet, dass er ein aktiv sich replizierendes Virus misst oder ein latentes, inaktives Virus. Beide Messmethoden wären bei diesem neuen Virus hilfreich, aber wir haben bislang noch keinen Zugang dazu, außer im Rahmen von Forschungsprojekten.

    Eine weitere Möglichkeit zu untersuchen, ob Sie infiziert sind, ist das Anlegen von Viruskulturen. In der jetzt in Science veröffentlichten Studie hat man sowohl Viruskulturen als auch PCR-Tests eingesetzt.

    Es laufen Medikamenten- und andere Studien überall in den USA und auf der Welt, die diese Krankheit und mögliche Behandlungsformen untersuchen. Forscher vom Whittemore Peterson Institute und andere sind schon dabei, Studien mit antiviralen Medikamenten zu planen, die auf dieser aufregenden neuen Entwicklung in der Forschung beruhen. Man sollte insbesondere drei Websites im Hinblick auf neue Entwicklungen beobachten: die International Association for CFS/ME, die CFIDS Association of America und das Whittemore Peterson Institute for Neuro-Immune Disease.

     

    Leserfrage: Hatte man nicht schon vor vielen Jahren ein CFS-Virus entdeckt?

    In den frühen 1990er Jahren hat Dr. Elaine DeFreitas am Wistar Institute in Philadelphia ein neues humanes Retrovirus bei Patienten mit CFS/ME entdeckt, ein mit HTLV 2 sehr nah verwandtes Virus mit Spuma-Viren-ähnlichen Eigenschaften. Ihre Forschungsergebnisse wurden danach von zwei anderen bekannten Forschern und einem kommerziellen Labor bestätigt.

    Dr. DeFreitas war beinahe fertig damit, die Virusgene zu sequenzieren und hatte einen äußerst sorgfältigen Aufsatz in einer führenden Fachzeitschrift veröffentlicht. Dann haben die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) und die National Institutes of Health (NIH) ihren Ruf mit Absicht ruiniert, weil ihre Ergebnisse nicht mit ihren vehement vertretenen Versicherungen zusammenpassten, dass CFS/ME eine Psychoneurose sei. Seitdem hat niemand diese Forschungsergebnisse weiterverfolgt, aus Angst, dass ihre/seine Karriere auf ähnliche Weise ruiniert würde. Das ist alles im Detail in dem fantastischen Buch „Osler’s Web“ von Hillary Johnson beschrieben.

     

    Auf die Frage, ob das von De Freitas entdeckte Virus das gleiche gewesen sei wie das „neue“ Virus XMRV, antwortete sie:

    Dr. DeFreitas hat hochinteressante Arbeit gemacht und man sollte ihr für ihre frühen Forschungsergebnisse gratulieren, die auf eine Infektion mit einem Retrovirus bei CFS hinwiesen. Seitdem hat sich die Technologie dramatisch weiterentwickelt und den Forschern neue Instrumentarien an die hand gegeben, um nach Viren zu suchen, die man 1990-92 noch nicht identifizieren konnte. Dazu gehört auch das XMRV Virus.

    Auch wurden seitdem neue antivirale Medikamente entwickelt, die möglicherweise diese Art der Infektion wirksam kontrollieren können. Und wir haben ein viel besseres Verständnis von der Toxizität dieser Medikamente und ihrem sicheren Einsatz.

    Ich gratuliere den Forschern des Whittemore Peterson Institutes für ihre sorgfältige Arbeit, und ich freue mich auch für Elaine. Ich möchte die Patienten bitten, sich noch ein bisschen zu gedulden, so dass die Forscher die klinischen Studien entwerfen und durchführen können, die uns sagen können, ob dieses Virus tatsächlich der Dreh- und Angelpunkt fortgesetzter Erkrankung ist.

     

    Leserfrage: Gibt es Zusammenhänge zwischen HIV und XMRV?

    Ich fand den Vergleich mit HIV – nur weil es auch ein Retrovirus ist – als Panikmache, unnötig und schlimmstenfalls als eine Art von Sensationsberichterstattung, die eher einer Boulevardzeitung entspricht. Was ich annehme – der Zusammenhang zwischen den beiden Viren ist nicht sehr stark und bestenfalls allgemeiner Natur.

    Was mich ärgert ist, dass der Vergleich mit HIV völlig aus dem Zusammenhang gerissen ist. Es gibt viele Retroviren, die keinerlei Symptomatik hervorrufen – und das XMRV dann mit dem Virus zu vergleichen, der bekannt und gefürchtet ist, ist vereinfachend und einfach falsch. Wir sollten nicht vergessen, dass Retroviren in der Menschheitsgeschichte immer verbreitet waren, und während einige überhaupt keine Krankheiten hervorrufen, sind die meisten nicht annähernd so außergewöhnlich wie das HIV.

    Das XMRV mit HIV zu vergleichen, heißt unangemessenen Alarm zu schlagen und Menschen, die sowieso schon mit einer schwierigen Krankheit zu kämpfen haben, noch mehr Probleme zu bereiten. Der Vergleich ist außerhalb seines Kontexts nicht nur sinnlos, er vermittelt dem Leser auch keinerlei sinnvolle Informationen.

    Ich bitte Sie, die moralischen Folgen Ihres saloppen Vergleichs zu bedenken – das Entsetzen und die Qual derjenigen, die vielleicht gedacht haben, dass es genauso schwächend wie HIV sei, sowie auch das Grauen bei dem Gedanken, dass man möglicherweise jemanden angesteckt haben könnte.

    Sie weisen da auf etwas Wichtiges hin. Dies ist nur eine Studie, und die Ergebnisse müssen bestätigt werden. Dann wird die nächste Studie Behandlungsmöglichkeiten untersuchen. Und Sie haben recht, einige Retroviren sind anscheinend harmlos, während andere Krankheiten auslösen.

    Aber ich hoffe, Sie wollen nicht behaupten, dass CFS-Patienten nicht so krank sind wie HIV-Patienten. Meine HIV-Patienten sind größtenteils gesund und munter, dank drei Jahrzehnten intensiver und exzellenter Forschung und der Milliarden Dollar, die man investiert hat. Viele meiner CFS-Patienten hingegen sind schrecklich krank und nicht in der Lage zu arbeiten oder sich an der Versorgung ihrer Familien zu beteiligen.

    Ich teile die Zeit, in der ich Patienten behandele, zwischen Patienten mit diesen beiden Krankheiten auf, und ich kann Ihnen nur sagen, wenn ich heute im Jahr 2009 zwischen diesen beiden Krankheiten wählen müsste, dann hätte ich lieber HIV. Aber für CFS, das eine Million Menschen allein in den Vereinigten Staaten betrifft, wird nur ein kleiner Bruchteil dessen ausgegeben, was man für HIV ausgegeben hat.

    Aber trotz dieser Einschränkungen hat es beachtliche Bemühungen gegeben, die Ursache des CFS zu verstehen und wirksame Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Man sollte dem Whittemore Peterson Institute für seine hervorragende Arbeit gratulieren, die in einem ganz neuen Zentrum durchgeführt wurden, das mit privaten Spenden, Staatsgeldern und unter Mitarbeit der National Institutes of Health (NIH) errichtet wurde. Kreative Forschung und kreative Finanzierung!