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    Kommentar des Monats November Teil 4

    Fünf Jahre CFS-aktuell - eine Zwischenbilanz

    „Es ist eigentlich beschämend für uns Mediziner, dass eine Patienteninitiative in Deutschland die Dinge in die Hand nimmt und sich um die Erkrankung kümmert, während die Medizin einfach danebensteht und nicht einmal zuguckt.“

    Wilfried Bieger am Ende der Fachtagung des Fatigatio e.V. am 24.-25. September 2010

    Ein herzliches DANKESCHÖN an alle Spender!!!

    Zuallererst ein herzliches DANKE an alle Spender, die mich in der Arbeit an CFS-aktuell unterstützen.

    Spenden und Ausgaben bewegen sich pro Jahr im dreistelligen Bereich. Davon finanziere ich die Kosten für diese Website, einige Fahrten zu Tagungen (soweit sie nicht über meine Arbeit für den Fatigatio ersetzt werden), Bücher und DVDs zum Thema ME/CFS und Briefmarken, um Infomaterial zu verschicken, einschließlich des dazu nötigen Büromaterials wie Tintenkartuschen, Umschläge, Papier etc. Und wenn ich etwas übrig habe, verwende ich das Geld für Ausgaben für Aktivitäten des Bündnis ME/CFS wie z.B. der Dresdenaktion. Ich hoffe, dass dies im Sinne aller Spender ist!

    Und wenn Sie einen ganz reichen Spender kennen, dann animieren Sie ihn dazu, die im Entstehen befindliche Lost-Voices-Stiftung zu unterstützen!

     

    Angesichts dieses zweifelhaften "Jubiläums", das eher kein Anlass zum Feiern ist, sind mir folgende Gedanken gekommen:

    In den fünf Jahren seit Beginn dieser Website hat sich wohl noch kaum etwas daran geändert, wie die Patienten von Ärzten, Versicherungen und Sozialbehörden "be"-handelt werden, um nicht zu sagen: misshandelt, aber die Patientenbewegung ist in dieser Zeit sehr viel stärker geworden. Fühlte ich mich vor fünf Jahren noch weitgehend alleine (weshalb ich ja dieses einsame Projekt gestartet habe, um wenigstens irgendetwas zu tun), so sind jetzt viele kluge Menschen zu unserer Bewegung hinzugekommen, und wir kämpfen in einem Netzwerk, das uns stärkt und den Mut nicht verlieren lässt. Das ist eine wunderbare Erfahrung. ABER:

    5 Jahre cfs-aktuell, 17 Jahre Fatigatio e.V., ein Jahr Bündnis ME/CFS, viele verlorene Leben und unendliches Leid der Betroffenen und ihrer Familien - wie viele Jahre sollen wir noch kämpfen, bevor sich etwas ändert an unserer Situation?

    • Bevor eine solche Aussage wie die von Dr. Bieger überflüssig wird und die Medizin wenigstens einmal hinguckt? Und solide, wissenschaftliche Informationen, die wir, alleingelassen von der Zunft der Mediziner, uns notgedrungen selbst beschaffen und verbreiten, wenigstens zur Kenntnis nimmt? Und mit der schwachsinnigen Schlussfolgerung aufhört, dass diese Form der Selbsthilfe ja ein Beweis für unsere "dysfunktionalen Krankheitsvorstellungen", der daraus folgenden übermäßigen Schonhaltung und der logischerweise selbstverschuldeten Schwäche sei?

    • Bevor Ärzte von der kindlichen, wahlweise größenwahnsinnigen Vorstellung abkommen, dass alles "psychisch bedingt" sein müsse, was sie nicht diagnostizieren können - als ob sie allwissend und unfehlbar seien?

    • Bevor sie kapieren, dass es sehr wohl Krankheiten gibt, die sie nicht kennen und die sie allein deshalb nicht diagnostizieren können? Und dass es eine schwere Erkrankung gibt, die sie aufgrund der herrschenden Ideologien nicht kennen, nicht wahrnehmen - nämlich ME/CFS?

    • Bevor "Gutachter" von Rentenversicherungen und privaten Versicherungen aufhören, schwer kranke Patienten als Simulanten und voll arbeitsfähig zu deklarieren, mit der Folge, dass man ihnen auch noch den letzten mageren Lebensunterhalt entzieht?

    • Bevor ME/CFS-Patienten nicht mehr nahezu komplett aus der sozialen und medizinischen Versorgung herausfallen, weil man ihre Krankheit einfach negiert, verharmlost und/oder die Betroffenen für Hypochonder, Faulenzer, Simulanten oder selbst dran schuld erklärt? Weil man ihnen diese bei anderen Krankheiten selbstverständliche Absicherung mit der Begründung verweigert, ME/CFS sei eine "harmlose Befindlichkeitsstörung", die mit "zumutbarer Willensanstrengung" leicht zu überwinden sei? (Wäre es schön, wenn sie recht hätten!)

    • Bevor Artikel wie dieser, für den Mediziner auch noch Fortbildungspunkte kassieren, endlich in der Mottenkiste realitätsverleugnender und autoritärer "Medizin" verschwindet? In denen man Sätze wie den folgenden liest, von denen man glaubt, sie gehörten vom Duktus her eher dem 19. Jahrhundert an, als der Medizin des Jahres 2010?

      "Medien, Selbsthilfegruppen, Heilpraktiker und andere Gruppen propagieren organische Ursachenüberzeugungen zum Beispiel bei umweltbezogenen Beschwerden und beim chronischen Erschöpfungssyndrom. Der aktuell zu verzeichnende ärztliche Autoritätsverlust, die Ökonomisierung sowie die Struktur des Gesundheitssystems unterstützen ein unangemessenes Krankheitsverhalten der Patienten." (Hervorhebungen R.C.)

      Dr. med. Dipl. Psych. Reinhard J. Boerner in diesem Fortbildungstext aus dem Jahr 2010

    • Bevor Regierungen wie die britische aufhören, Millionen an Steuergeldern mit unsinnigen, schädlichen Behandlungsrichtlinien zu verschwenden wie den gerade erschienenen PACE-Trials? Bevor auch bei uns in Deutschland die gegen die Regeln der WHO verstoßende Einordnung des ME/CFS als F 48.0 oder andere Diagnosen im psychiatrischen Bereich aufhört und man uns WHO-gerecht unter der organisch-neurologischen Krankheit G93.3 klassifiziert? Und wir endlich nicht mehr in den AWMF-Behandlungsleitlinien mit dem Titel "Müdigkeit" oder "Somatoforme Störungen" verwurstet und mit schädlichen "Therapien" wie einem "sportmedizinischen Trainingsprogramm" traktiert werden?

    • Bevor es auch hierzulande eine biomedizinische Forschung zu ME/CFS in größerem Ausmaß gibt und vor allem eine Versorgungsstruktur für die Betroffenen?

    • Bevor sich auch das Ärzteblatt ordentlich informiert und nicht mehr einen solchen hanebüchenen Unsinn verbreitet wie beispielsweise hier? (Lesen Sie die Leserbriefe zu dem Artikel, und sie werden merken, dass viele Leser wesentlich besser informiert sind, als der Schreiber dieses Artikels - so viel zum Thema ärztlicher Autoritätsverlust.)

    • Bevor Mediziner seit Jahrzehnten vorhandene Fakten oder auch die neuere ME/CFS-Forschung und den Zusammenhang mit dem dritten humanen Retrovirus XMRV/HGRV registrieren?

    • Wieviele Menschen müssen sich noch am dritten humanen Retrovirus anstecken und infolgedessen an Krebs und zahlreichen neuro-immunologischen Krankheiten - u.a. ME/CFS - zugrunde gehen, bevor Medizin und Politik endlich aufwachen und begreifen, dass wir, die ME/CFS-Patienten, nur die Spitze des Eisbergs sind? Eines Eisbergs, der zu fatalen Folgen führen wird, wenn man ihn weiterhin ignoriert?

    Ehrlich gesagt - ich weiß es nicht, wie viele Jahre wir noch kämpfen müssen, bevor sich etwas ändert. Vielleicht wird XMRV eine schnelle Wende bringen, vielleicht - und hoffentlich - wird Wilfried Bieger recht haben, wenn er sagt: "Der Nachweis des Virus [XMRV] wird die wissenschaftliche Wahrnehmung und Betrachtung des CFS dramatisch verändern."

    Wir haben mächtige Gegner, und oft fühle ich mich, als würde ich gegen Windmühlen kämpfen. Die Erfahrung, dass Information, und sei sie noch so solide und an der Wissenschaft orientiert, überhaupt keinen Effekt hat, ist deprimierend. Eingefahrene Ideologien, die individuelle und institutionelle Abwehrmechanismen bedienen und absichern, sind mit Logik und Wissenschaft offenbar nicht zu bekämpfen. Ärzte, Politik und Öffentlichkeit gucken einfach nicht hin, so wie Dr. Bieger es sagt.

    Was ist die Konsequenz daraus? Wir müssen sie zwingen, hinzusehen. Immer nur brav Informationen bereitzustellen, so wie ich es hier mit cfs-aktuell und über die Veröffentlichungen des Fatigatio e.V. versuche - das alleine scheint nichts zu verändern. Im Gegenteil - man wirft uns vor, organische Ursachenüberzeugungen zu propagieren. Und zieht daraus noch den perversen Schluss, da sehe man ja, dass wir uns die Krankheit im Internet anlesen würden, dass wir offensichtlich krank sein wollten - wegen des ach so großartigen Krankheitsgewinns!

    Wir müssen laut werden, wir müssen öffentliche Aktionen machen, wir müssen gerade jetzt, angesichts der Verbreitung des dritten humanen Retrovirus auch in der Allgemeinbevölkerung, die Medien alarmieren, die zuständigen Politiker anschreiben, anrufen, mit Informationen bombardieren (so wie das z.B. hier geschah), Universitäten, die solche Studien wie die Tübinger genehmigen, immer wieder auf die Füße treten.

    Wir müssen unserem Ruf gerecht werden, schwierige Patienten zu sein! Gehen auch Sie allen auf die Nerven, die Sie misshandeln, abfällig behandeln, Ihnen ihre Rechte als kranke Menschen verweigern! Benutzen Sie Informationen als Munition und wehren Sie sich gegen ungerechte Behandlung!

    Selbst wenn XMRV eine schnelle und dramatische Veränderung der Wahrnehmung und Betrachtung des ME/CFS bewirken wird, so wie Dr. Bieger es prognostiziert, ist der Kampf noch lange nicht vorbei. Dann wird es weiterhin darum gehen, dass wir für unsere soziale Absicherung und unsere Behandlung kämpfen müssen. Denn hier geht es ums Geld, und es ist natürlich viel billiger, Patienten als überhaupt nicht krank oder selbst verschuldet krank zu klassifizieren, als für ihre Versorgung aufkommen zu müssen. Zuviele Gutachter leben davon, Gutachten im Sinne der Rentenversicherungen und der privaten Versicherungen zu produzieren, in denen wir als Simulanten "diagnostiziert" werden. Diese hier sind nur ein Beispiel für Gutachter, die sich rühmen die "Darlegung negativer Antwortverzerrung" herauszufinden, sprich Simulanten zu jagen. In einer Pressemeldung des Instituts sind die "Tags" Simulanten und Simulation als Hintergrundinformation zur Seite angegeben...

    D.h., selbst wenn wir mit einem XMRV-Test für die Mehrzahl der ME/CFS-Patienten einen verlässlichen Biomarker haben, wird die Diskriminierung der Betroffenen nicht aufhören.

    Neue Probleme werden sich auftun - auch angesichts der Möglichkeit, das Virus auf andere Menschen zu übertragen auf Wegen, die noch gar nicht erforscht sind. Werden wir dann eine neue Diskriminierung erleben, wie sie auch HIV-Infizierten allenthalben begegnet? Werden wir dann den Kampf mit den Krankenkassen um die Bezahlung von entsprechenden Medikamenten führen müssen? Werden wir weiterhin mit Sozialbehörden, Rentenversicherungen und Krankenkassen streiten müssen, damit sie uns endlich nicht mehr durch alle Netze ins soziale und finanzielle Aus fallen lassen?

    Auch mit XMRV ist der Kampf noch nicht vorüber. Vor allem nicht für diejenigen ME/CFS-Patienten, bei denen das Krankheitsbild durch andere Faktoren wie dieses Retrovirus ausgelöst oder unterhalten wird. Der Kampf wird sich ändern, aber er wird nicht zu Ende sein. Auch wenn mir Judy Mikovits in einer Email kürzlich schrieb: "The war will be over by Christmas."

    Es wird uns also nichts anderes übrigbleiben, als auch in Zukunft "organische Ursachenüberzeugungen zu propagieren", ein "unangemessenes Krankheitsverhalten" an den Tag zu legen und dem Unsinn, der über unsere Krankheit noch immer vom Mainstream der deutschen Ärzteschaft verbreitet wird, keinen Glauben zu schenken, uns selbst zu informieren und so - ganz unangemessen - zum "ärztlichen Autoritätsverlust" beizutragen!

    Besuchen Sie dazu immer mal wieder diese Website - hier werden Sie, soweit meine eigenen Kräfte reichen, auch in Zukunft jede Menge informationelle Munition für diesen Kampf finden.

    Und hoffentlich werden Sie bald auch vermehrt Informationen über Behandlungsmöglichkeiten hier finden...

    Übrigens - ich freue mich auf den Tag, an dem diese Website überflüssig sein wird und ich mich zur Ruhe setzen kann!

    Regina Clos